Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat am Dienstag im Kabinett seinen Vorschlag zur besseren Bekämpfung von Drohnen vorgelegt. Söder will der Landespolizei mehr Kompetenzen geben. Sie soll künftig rechtlich befugt sein, gefährliche Drohnen im Ernstfall direkt abzuschießen. In den vergangenen Tagen waren mehrfach Drohnen am Flughafen München gesichtet worden. Der Betrieb war stundenlang lahmgelegt.
Wie sind die Pläne der Bayerischen Staatsregierung einzuschätzen? Darüber sprachen wir bei BR24 mit BR-Luftfahrtexperte Stephan Lina sowie Achim Wendler, dem Leiter der BR-Redaktion Landespolitik. Das Video finden Sie oben eingebettet über diesem Artikel.
Söder: "Abschießen statt abwarten"
Söder spricht von einer neuen Bedrohungslage, die schnelles Handeln erfordere. Es geht um eine rechtssichere Grundlage für direkte Abwehrmaßnahmen. Der Schutz des Territoriums habe Priorität, sagte Söder. Sein Ziel: "Drohnen abschießen statt abwarten". Konkret sollen dafür die rechtlichen Grundlagen im Polizeiaufgabengesetz geändert werden.
Die bayerische Polizei soll Drohnen künftig besser erkennen, die Bedrohungslage einschätzen und die Drohnen unschädlich machen können. Etwa indem die Steuerung übernommen wird, die Drohne eingefangen oder abgeschossen wird. Zudem kündigte der CSU-Chef erneut die Gründung eines landeseigenen Drohnenabwehrzentrums an. Sitz dieser Einheit soll beim bereits geplanten sogenannten "Defense-Lab" in Erding sein.
Im Video: Söder will Polizei aufrüsten
Nach den jüngsten Drohnensichtungen hat Bayern ein Gesetz für mehr Befugnisse der Polizei zum Abschuss solcher Flugsysteme auf den Weg gebracht.
Gesetzliche Lücke im bayerischen Polizeiaufgabengesetz
Laut bayerischem Innenministerium gibt es bereits seit 2020 eine Arbeitsgruppe beim Polizeipräsidium in München, die sich mit der Abwehr von Gefahren durch Drohnen beschäftigt. Die bayerische Polizei verfügt über verschiedene Systeme zur Drohnenabwehr, zum Beispiel Jammer, die den Funk von Drohnen stören könnten, und Netzpistolen.
Für die Bekämpfung von Drohnen durch die bayerische Landespolizei gibt es derzeit aber eine gesetzliche Lücke. Im Polizeiaufgabengesetz ist zwar der Einsatz von Drohnen festgelegt – derzeit sind etwa 140 Drohnen im Bestand der bayerischen Polizei, etwa zur Suche von Vermissten, zur Überwachung oder zur Aufklärung im Vorfeld von Veranstaltungen. Die Abwehr von Drohnen ist darin aber nicht ausdrücklich geregelt.
Auch Opposition sieht Handlungsbedarf
Auch die Opposition im bayerischen Landtag sieht grundsätzlich Handlungsbedarf. AfD-Innenpolitiker Jörg Baumann sagte BR24, es sei gut, wenn künftig klar geregelt sei, wer welche Zuständigkeiten habe. Aus Sicht des AfD-Politikers wird das Thema ein bisschen aufgebauscht. Es könne auch sein, dass alles nicht so schlimm gewesen sei. Baumann kann sich nicht vorstellen, "dass Russland hinter den Drohnenflügen über dem Münchner Flughafen steckt".
Die Grünen im Landtag bezeichnen Söders Vorstoß als "Luftschüsse mit Platzpatronen". Es werde noch Monate brauchen, die neue Regelung auf den Weg zu bringen, sagte Florian Siekmann BR24. Es fehle eine konkrete Antwort auf die Gefährdung, vor allem am Flughafen, so der Sprecher für Inneres der Landtags-Grünen. Bund und Länder müssten jetzt geschlossen vorgehen, ein Flickenteppich an Gesetzen sei "Gift für unsere Widerstandskraft".
Im Video: Wie bayerische Firmen an der Drohnenabwehr arbeiten
Drohnen sichten, verfolgen und vom Himmel holen? Können wir das überhaupt? Die Drohnenindustrie in Bayern arbeitet an Lösungen.
Rechtliche Hürden: Luftraum ist Bundesangelegenheit
Luftrechtlich sind Abschussmaßnahmen komplex geregelt – der Luftraum über Flughäfen und Bahnhöfen fällt in die Zuständigkeit des Bundes, nicht des Landes. Die Bundesländer sind aber für die Abwehr von Gefahren zuständig. Dabei können sie sowohl ihre Landespolizeien einsetzen als auch die Bundespolizei und die Bundeswehr um Amtshilfe bitten.
Eingriffe wie der Abschuss einer Drohne durch die Bundeswehr könnten nur unter strengen Voraussetzungen erfolgen. Das Grundgesetz setzt enge Grenzen für den Einsatz der Bundeswehr im Inneren, etwa zur Abwehr einer drohenden Gefahr für die freiheitliche demokratische Grundordnung.
Bundesjustizministerin Stefanie Hubig von der SPD hatte zuletzt Bedenken zum Einsatz der Bundeswehr im Inneren geäußert. Söder sieht aber rechtlich gut begründbare Ausnahmefälle, vor allem bei sehr großen Drohnen und bei Drohnen, die in großen Höhen fliegen. Eine Grundgesetzänderung braucht es seiner Ansicht nach dafür nicht.
Im Video: Rechtsexperte zum Thema Drohnenabschuss
Christoph Kehlbach aus der ARD-Rechtsredaktion zum Thema Drohnenabschuss.
Änderung des Luftsicherheitsgesetzes
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) kündigte aber eine Änderung des Luftsicherheitsgesetzes an. Dadurch könnte die Bundeswehr im Wege der Amtshilfe bei der Drohnenabwehr im Inland eingreifen. Auch die Bundespolizei soll zum Schutz von Bahn- und Flughäfen mehr Befugnisse erhalten.
Die Bundesregierung und die bayerische Staatsregierung sehen Russland als mutmaßlichen Akteur hinter den Drohnenflügen. Belege hierfür sind allerdings nicht bekannt. Ein Sprecher der Bundesregierung hatte auf "interne Erkenntnisse" verwiesen. Experten gehen von verschiedenen Motiven aus: Etwa die Reaktionsfähigkeit Deutschlands zu testen und die Bevölkerung zu verunsichern.
Video: Die Pressekonferenz mit Söder in voller Länge
(Symbolbild) Bayern will für die Drohnenabwehr schnell eine gesetzliche Grundlage schaffen.
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