Nach 16 Tagen geht das größte Volksfest der Welt heute zu Ende. Wirtschaftsreferent und Wiesn-Chef Christian Scharpf (SPD) spricht von einer "Achterbahn-Wiesn". Denn nach einem Traumstart am Eröffnungstag mit hochsommerlichen Temperaturen wurde es turbulent. Gleich dreimal wurde das Oktoberfest zwischenzeitlich geschlossen – aus verschiedenen Gründen. Auf die Schließungen seien auch die etwas geringeren Besucherzahlen zurückzuführen. Heuer waren es 6,5 Millionen Gäste, im vergangenen Jahr kamen 6,7 Millionen Menschen zum Oktoberfest.
Entsprechend ging auch der Bierkonsum zurück: Von sieben Millionen verkauften Maß im vergangenen Jahr auf 6,5 Millionen Maß heuer. Alkoholfreie Getränke waren besonders gefragt. Gelegen habe das wohl am mitunter hochsommerlichen Wetter mit Rekordtemperaturen, vermutet die Festleitung. Die Schausteller sind zufrieden. Besonders gefragt waren die "wilderen" Fahrgeschäfte.
Maßkrug als Tatwaffe
6.824 Patienten zählte heuer die Aicher Ambulanz. 40 Prozent von ihnen hatten den Angaben zufolge viel zu viel getrunken – im Durchschnitt der vergangenen Wiesn habe das nur auf ein Drittel der Patienten zugetroffen.
784 Straftaten und Ordnungswidrigkeiten wurden laut Polizei angezeigt, der Großteil davon Körperverletzungsdelikte. In 24 Fällen der gefährlichen Körperverletzung war ein Maßkrug die Tatwaffe. Die Zahl der angezeigten Sexualdelikte stieg laut Polizei etwas – von 56 im Jahr 2024 auf 72 in diesem Jahr. Darunter fielen zehn Fälle des sogenannten Upskirtings, also des Fotografierens unter den Rock und fünf Vergewaltigungsfälle. 148 Rauschgiftdelikte wurden aktenkundig, davon die meisten wegen Kokain.
"Bombiges Erlebnis": Polizei sperrt Festgelände wegen Drohung
Die vergleichsweise geringe Besucherzahl führt die Festleitung auf eine Sprengstoffdrohung am 1. Oktober zurück, aufgrund derer das Fest bis zum frühen Abend geschlossen blieb. Angefangen hatte es mit einem brennenden Haus und mehreren Explosionen im Münchner Norden. Ein 57-Jähriger hatte das Haus offenbar wegen eines Familienstreits angezündet, auch Schüsse fielen. Die 81-jährige Mutter des Mannes und seine Tochter wurden verletzt. Eine in dem Haus gefundene Leiche wird noch obduziert. Die Ermittler gehen davon aus, dass es sich um den 90-jährigen Vater des Täters handelt.
Der 57-Jährige nahm sich nach der Tat das Leben. Allerdings hatte er einen Brief hinterlassen, in welchem er ein "bombiges Erlebnis" auf dem Oktoberfest ankündigte. Daraufhin wurde die Wiesn stundenlang gesperrt. Am Abend wurde das Fest wieder geöffnet, weil keine Hinweise auf Sprengsätze oder eine andere Bedrohung gefunden wurden. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) bezeichnete das Vorgehen im Nachhinein als "richtig".
Oktoberfest geschlossen wegen Überfüllung
Schon vor der Bombendrohung hatte es Probleme gegeben: Am zweiten Wiesn-Samstag waren gegen 17 Uhr derart viele Besucher auf der Theresienwiese, dass die Festleitung die Zugänge zwischenzeitlich sperren ließ. In einzelnen Straßen sei nichts mehr vorwärtsgegangen, teilte ein Sprecher des Münchner Polizeipräsidiums mit. Besucher berichteten von Angst im Gedränge. Nach Angaben von Wirtschaftsreferent Scharpf waren zu diesem Zeitpunkt 300.000 Menschen gleichzeitig auf dem Festgelände. Erst nach etwa einer Stunde entspannte sich die Lage.
Nach einer Fehleranalyse gaben Festleitung und Polizei kurzfristige Anpassungen beim Sicherheitskonzept bekannt: Die Stadt kündigte an, einen "Crowd-Spotter" einzusetzen, der die Menschenmenge gezielt beobachten und frühzeitig Alarm schlagen sollte. Auch Änderungen bei den Lautsprecher-Ansagen wurden festgelegt.
Nach dem Überfüllungsszenario hatte es Kritik gegeben, weil die Lautsprecherdurchsagen die Besucher ohne Angaben von Gründen aufgefordert hatten, das Gelände zu verlassen. Das habe Panikgefühle verstärkt, berichteten Besucher.
Neues Sicherheitskonzept getestet: Kein Durchkommen mehr am Feiertag
Das neue Sicherheitskonzept wurde am Tag der Deutschen Einheit direkt einem Bestandstest unterzogen: Aufgrund des großen Andrangs mussten die Zugänge zum Festgelände um kurz nach 17 Uhr geschlossen werden. Man habe sich dazu entschlossen, die "Welle" zu brechen und das Gelände zu schließen, erklärte Wiesn-Chef Scharpf. Diesmal habe man schneller reagieren können, sagte er im Nachhinein. Für das kommende Jahr kündigte Scharpf Verbesserungen an – etwa eine Echtzeitmessung der Besucherzahlen und Änderungen bei den Reservierungszeiten.
Handventilatoren und Fächer gegen die Hitze
Zumindest am Wiesn-Eröffnungstag war die Stimmung noch ungetrübt: Am 20. September standen schon in den frühen Morgenstunden Tausende Besucher in der Schlange, um ab neun Uhr auf das Gelände zu sprinten und sich einen Platz in den Bierzelten zu sichern. Bei hochsommerlichen Temperaturen von 31 Grad zapfte Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) in der Festhalle Schottenhamel das erste Bierfass an – trotz Schulterproblemen mit nur zwei Schlägen – und eröffnete damit das 190. Oktoberfest.
Wegen des Hochsommerwetters waren am ersten Wiesn-Wochenende ganz besondere Trends gefragt: Hand-Ventilatoren, Fächer und Sonnenschirme prägten das Bild auf dem Festgelände. So heiß war es nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes zum Oktoberfeststart noch nie.
Das Rennen um den Titel Wiesn-Hit hat in diesem Jahr keinen klaren Sieger. Neben dem schon vorab von allen Seiten zum Favoriten erklären "Wackelkontakt" von Sänger Oimara sei auch "Bella Napoli" von der Italo-Schlager-Band Roy Bianco & Die Abbrunzati Boys "ein ziemlicher Renner", berichtete Scharpf.
Zum Hören: Das 190. Oktoberfest geht zu Ende
Wetterkapriolen, Überfüllung, Bombendrohung: Das diesjährige Oktoberfest war turbulent.
Oktoberfest: Unser BreznBot beantwortet Eure Fragen zur Wiesn
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