Durch die Münchberger Stadtkirche schweben leichte Orgeltöne, doch Orgelbauer Rolf Miehl ist nicht zufrieden: Manche Töne sind noch nicht sauber. Miehl sitzt am Orgel-Spieltisch im Kirchenschiff und verständigt sich über ein Walkie-Talkie mit seinem Kollegen – der bearbeitet hoch oben auf der Empore die einzelnen Pfeifen. Miehl hat eine Mission: Er will 4.700 Holz- und Metallorgelpfeifen in der Münchberger Stadtkirche zum perfekten Klang verhelfen.
"Wie ein Sechser im Lotto für uns als Kirchengemeinde Münchberg"
Die evangelische Stadtkirche von Münchberg bekommt nämlich gerade eine historische Orgel aus Norddeutschland. Die Beckerath-Orgel wurde 1951 für die Hamburger Laeiszhalle gebaut, die jetzt im Zuge einer Generalsanierung ein neues Instrument erhält. "Als es die Elbphilharmonie noch nicht gab, war es die bedeutendste Konzerthalle von Hamburg", erklärt der Münchberger Organist Jürgen Kerz, der das Instrument in einem Onlineforum entdeckte. Und damit maßgeblich daran beteiligt war, dass die Münchberger Kirchengemeinde der Stadt Hamburg die Orgel für den symbolischen Preis von einem Euro abgekauft hat. "Was will man denn mehr? Das ist wie ein Sechser im Lotto für uns als Kirchengemeinde Münchberg", so Kerz.
Kaufpreis: ein Euro, Folgekosten: 750.000 Euro
Die Renovierung, der Neubau einiger Orgelpfeifen mitsamt Orgelprospekt – so wird das äußere Erscheinungsbild einer Orgel bezeichnet – sowie der Einbau kosten allerdings etwas mehr: insgesamt 750.000 Euro. Knapp 300.000 Euro davon übernimmt zwar der Freistaat. Für die evangelische Kirchengemeinde ist die Anschaffung der Orgel dennoch ein finanzieller Kraftakt.
"Unsere aktuelle Aktion sind Pfeifenpatenschaften, da gibt es große Spannbreiten. Zwischen 40 Euro und vierstelligen Summen kann man sich eine Pfeife aussuchen", erklärt Pfarrer Christian Höllerer das Finanzierungskonzept. Ein eigens gegründeter Orgelbauverein hat außerdem bislang zusätzlich rund 240.000 Euro an Spenden gesammelt. Höllerer ist zuversichtlich, dass die fehlenden rund 190.000 Euro an Spenden zusammenkommen.
Millimeterarbeit mit der Zahnbürste an der Kirchenorgel
Unterdessen ist Orgelbauer Rolf mit seinem Kollegen Sung-Eun Kwak immer noch mit der Millimeterarbeit für den guten Ton beschäftigt. Die Metallpfeifen bearbeitet Kwak mit Spezialhammer und Stechwerkzeug – und mit einer ganz normalen Zahnbürste: "Ein Pinsel hat nur eine dünne Auftragsfläche. Das funktioniert nicht, weil der Druck nachlässt. Eine Zahnbürste bleibt konstant."
Orgel soll in Münchberg zum ersten Mal voll klingen
Bis zum 18. Oktober schenkt Miehl sein Ohr den restlichen Pfeifen, die noch eingestellt werden müssen. Dann soll die Orgel beim Eröffnungsgottesdienst zum ersten Mal in der Kirche St. Peter und Paul erklingen. Hier kann sich das Instrument besser entfalten als im Konzertsaal, freut sich Orgelbauer Rolf Miehl: "Durch die trockene Konzertakustik in Hamburg hat diese Orgel nie richtig klingen dürfen, wie sie gekonnt hätte. Und das tut sie durch diese ganz tolle Raumakustik hier eigentlich zum ersten Mal, seit 1949."
Die Münchberger Kirchengemeinde hat der Stadt Hamburg die Orgel für den symbolischen Preis von einem Euro abgekauft.
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