Oberarzt Michael Zyskowski musste bei verunglückten E-Scooter-Fahrern schon schwerste Verletzungen am Kopf und im Gesicht behandeln. Etwa 120 Verunglückte werden jedes Jahr nach einem E-Scooter-Unfall im TUM Klinikum Rechts der Isar eingeliefert. "Bei etwa 40 bis 50 Prozent aller E-Scooter-Unfälle können wir nachweisen, dass Alkohol im Spiel ist. Die Dunkelziffer ist aber sicher deutlich höher", betont Zyskowski, der schon mehrere Studien zum Unfallrisiko bei E-Scootern veröffentlicht hat.
E-Scooter sind schwer zu fahren
Es sei deutlich schwerer, mit einem E-Scooter zu fahren als mit einem Fahrrad, sagt der Forscher. Durch die kleinen Räder fehle es E-Scootern an Eigenstabilität. Das Fahrrad fahre von allein geradeaus, der E-Scooter komme schnell ins Schlingern. Außerdem rollten die großen Räder des Fahrrads über kleine Hindernisse einfach hinweg. Die kleinen E-Scooter-Räder würden zum Beispiel von einem Randstein plötzlich gestoppt. Die Folge sei dann oft ein Sturz über die Lenkstange. Das alles seien Sicherheitsrisiken für Benutzer, sind sie dann auch noch alkoholisiert, werde es besonders gefährlich.
Alkoholisierte Personen besonders gefährdet
Bei alkoholisierten Personen funktionieren die Sturzreflexe nicht mehr zuverlässig und sie schlagen ungebremst mit dem Gesicht oder dem Kopf auf den Asphalt. "Unsere Statistiken sprechen da eine klare Sprache", so Zyskowski. "Bei nüchternen Unfallopfern haben wir Arm- und Knieverletzungen, die schweren Kopf- und Gesichtsverletzungen findet man bei den Betrunkenen."
Sehr viele Freizeitfahrten
Als die E-Scooter vor etwa fünf Jahren im Straßenverkehr zugelassen wurden, dachten die Verkehrsexperten: "Diese Roller könnten ein praktisches Fahrzeug sein, um von Zuhause zur nächsten U-Bahnhaltestelle zu fahren." Eine Fehleinschätzung, weiß heute Alexander Kreipl, Verkehrssprecher des ADAC Südbayern: "E-Scooter werden viel mehr im Freizeitbereich eingesetzt, als gedacht." Das bedeutet also: am Wochenende, zur Heimfahrt nach dem Biergartenbesuch oder nachts nach der Kneipe. Früher wäre da nur das Taxi oder der ÖPNV infrage gekommen – heute sind auch E-Scooter eine Alternative.
E-Scooter zu teuer für Alltagsfahrten
Für den täglichen Weg zur Arbeit oder zum U-Bahnhof wären die kleinen Roller zwar praktisch, aber zu teuer, sagt ADAC-Sprecher Kreipl: Bei einem Münchner Anbieter kostet etwa das günstigste E-Scooter-Monatsabo mit 300 Freiminuten knapp 30 Euro. Das wären Kosten, die noch zum Deutschland- oder Monatsticket dazu kämen. Stattdessen würden die Scooter also eher sporadisch in der Freizeit genutzt.
Mehr Sicherheit durch strengere Vorschriften
Die Niederlande und Großbritannien haben E-Scooter praktisch komplett verboten. In Deutschland hat der Bundesrat gerade einer Novelle der Elektro-Kleinstfahrzeuge-Verordnung zugestimmt: Etwa wurde das Verwarngeld bei Fahrten von mehreren Personen auf einem E-Roller von 5 auf 25 Euro erhöht und ab 2027 müssen die Scooter mit einem Blinker ausgestattet werden.
Oberarzt Michael Zyskowski findet das gut: "Weil diese Roller so instabil sind, ist es auch schwer einhändig zu fahren" und das sei eben nötig, um ein Handzeichen zu geben. Der Blinker sorgt hier für Abhilfe. Außerdem berichtet eine Sprecherin des E-Scooter-Anbieters "Lime" von Reaktionstests, die der Anbieter bei Großveranstaltungen wie zum Beispiel dem Oktoberfest in der App einsetzt: "Wer den Test nicht besteht, kann kein Fahrzeug starten", erklärt die Sprecherin. Das soll verhindern, dass Menschen alkoholisiert fahren.
Unfallmediziner plädiert für Helmpflicht
Oberarzt Michael Zyskowski plädiert für eine Helmpflicht. "Ich sehe als Unfallmediziner die schlimmsten Verletzungen, gerade am Kopf." Eine Helmpflicht ist aber bisher vom Gesetzgeber nicht vorgesehen. Auf den Websites der Anbieter findet man folgende Hinweise: "Es wird dringend empfohlen einen Helm zu tragen" oder "Fahre nüchtern" und eine spezielle Sicherheitsvorkehrung: Bei den ersten fünf Fahrten ist die Geschwindigkeit des Rollers auf 15 Kilometer pro Stunde begrenzt. Erst wer öfter mit der App gebucht hat, kann mit 25 Kilometer pro Stunde Vollgas geben – das aber auf eigene Gefahr.
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