Die geschäftsführende Außenministerin Annalena Baerbock hat die USA davor gewarnt, Russland in den Verhandlungen über einen Waffenstillstand in der Ukraine auf den Leim zu gehen. "Es ist Putin, der auf Zeit spielt, keinen Frieden will und seinen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg fortsetzt", erklärte die Grünen-Politikerin zum Auftakt ihres Abschiedsbesuchs in der ukrainischen Hauptstadt Kiew.
Deutschland stellt der Ukraine laut Baerbock angesichts der andauernden russischen Angriffe weitere 130 Millionen Euro an humanitärer Hilfe und Stabilisierungsmitteln zur Verfügung. Am nationalen ukrainischen Gedenkort für gefallene Soldatinnen und Soldaten stellten die Ministerin und ihr ukrainischer Amtskollege Andrij Sybiha Gedenkkerzen auf.
- Aktuelle Entwicklungen zum Russland-Ukraine-Krieg im News-Ticker
Baerbock über Putin: "Simuliert Verhandlungsbereitschaft"
Die Ukraine sei zu einem sofortigen Waffenstillstand ohne Vorbedingungen bereit, sagte Baerbock. Über Putin sagte sie: "Er simuliert Verhandlungsbereitschaft, weicht aber von seinen Zielen keinen Millimeter ab. Wir dürfen uns von Putin und seinen Claqueuren nicht blenden lassen. Denn ein Suggerieren von Frieden ist noch kein Frieden." Beim Nato-Außenministertreffen in Brüssel am Donnerstag und Freitag werde man auch gegenüber der US-Seite "deutlich machen, dass wir uns auf Putins Hinhaltetaktik nicht einlassen dürfen".
Es ist die neunte Reise, die Baerbock seit Beginn des russischen Angriffskriegs im Februar 2022 unternimmt, um die Solidarität Deutschlands zu unterstreichen. Insgesamt ist es der elfte Ukraine-Besuch der Ministerin seit ihrem Amtsantritt 2021.
"Festgefahrene Situation zwischen USA und Russland"
Aufgrund der "festgefahrenen Situation zwischen den USA und Russland" sei es "absolut zentral, dass wir Europäerinnen und Europäer zeigen, dass wir ohne Wenn und Aber an der Seite der Ukraine stehen und sie jetzt erst recht unterstützen", erklärte Baerbock nach Angaben des Auswärtigen Amts.
Man wolle weiter in einem Europa leben, in dem die Stärke des Rechts über dem Recht des Stärkeren stehe und in dem Grenzen nicht durch Waffengewalt neu gezogen würden. "Dafür legen wir als Europäerinnen und Europäer unser ganzes Gewicht in die Waagschale." Auf dem Reformweg in die Europäische Union werde Deutschland der Ukraine weiterhin eng zur Seite stehen.
Bisher keine Waffenruhe, sondern weiter Angriffe
Vertreter der USA hatten in den vergangenen Wochen mit Delegationen aus Russland und der Ukraine Gespräche über eine mögliche Waffenruhe geführt. Putin wies einen US-Vorschlag für eine bedingungslose Waffenruhe in der Ukraine jedoch zurück und erneuerte seine Forderungen nach einer Ablösung der ukrainischen Regierung.
Auch eine unter US-Vermittlung von Russland und der Ukraine befürwortete Feuerpause für gegenseitige Angriffe gegen die Energieinfrastruktur hält bisher nicht. Täglich werfen sich Kiew und Moskau Verstöße dagegen vor und listen Schäden an Energieobjekten auf.
Syhiba: Moskau ist "existenzielle Bedrohung"
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte die USA und Europa nach massiven russischen Attacken mit Drohnen am Wochenende zum Handeln aufgerufen. Es brauche eine scharfe Reaktion.
Außenminister Sybiha verlangte, den Sanktionsdruck auf Russland zu verstärken. "Denjenigen, die sich noch Illusionen über Russland machen, möchte ich sagen, dass es keine Rückkehr zu den alten Zeiten, zum 'business as usual' mit Russland geben kann, egal ob es sich um Nord Stream oder ein anderes Projekt handelt", unterstrich er. Moskau sei eine "existenzielle Bedrohung".
Streit zwischen USA und Ukraine um seltene Erden
Der Streit zwischen US-Präsident Donald Trump und Selenskyj über die Ausbeutung von Rohstoffen in der Ukraine spielte bei den politischen Gesprächen Baerbocks ebenfalls eine Rolle. Trump hatte Selenskyj mit Konsequenzen gedroht, falls dieser sich einem Rohstoffdeal über die lukrative Ausbeutung von Vorkommen seltener Erde in der Ukraine verweigern sollte.
Sybiha bestätigte, dass Kiew aus Washington einen neuen Entwurf für einen Rohstoffvertrag erhalten habe. Nun werde an einem Vertragstext gearbeitet, der für beide Seite akzeptabel sei.
Mit Informationen von dpa und AFP
Im Video: Baerbock warnt in Kiew vor der russischen Taktik
Baerbock in Kiew
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!