Im Auftrag eines iranischen Geheimdienstes soll ein dänischer Staatsbürger in Berlin jüdische Menschen und Einrichtungen sowie Objekte mit Bezug zu Israel ausgespäht haben. Nach Einschätzung der Bundesanwaltschaft sollten auf diese Weise möglicherweise Anschläge vorbereitet werden. Die obersten deutschen Strafverfolger ließen den 53-jährigen Mann, der afghanische Wurzeln hat, bereits vergangene Woche in Aarhus vom dänischen Geheimdienst festnehmen.
Drei jüdische Zielobjekte in Berlin ausgespäht
Der Mann, dessen Name mit Ali S. angegeben wird, habe Anfang des Jahres aus dem Iran den Auftrag erhalten, in Berlin Informationen über jüdische Orte und bestimmte jüdische Personen zu sammeln, teilte die Bundesanwaltschaft mit. Im Juni habe er dazu in der Hauptstadt drei Objekte ausgespäht, unter denen sich Medienberichten zufolge der Sitz der Deutsch-Israelischen Gesellschaft befand.
Die Sicherheitsbehörden hatten ihn zu diesem Zeitpunkt allerdings nach einem Hinweis aus dem Ausland an das Bundesamt für Verfassungsschutz schon auf dem Radar und beobachteten die Aktivitäten des Verdächtigen. Die Ermittlungen führte das Bundeskriminalamt.
Teherans Al-Kuds-Brigaden als Auftraggeber
Den Auftrag für die Ausspähung durch den 53-Jährigen sollen die sogenannten Al-Kuds-Brigaden erteilt haben – die Auslandseinheit der einflussreichen Revolutionsgarden, Irans Elitestreitmacht. Zu ihren Aufgaben gehören verdeckte Geheimdienstoperationen im Ausland.
Der dänische Inlandsnachrichtendienst PET erklärte zu dem Fall, dass der Iran immer wieder kriminelle Netzwerke, Mittelsmänner und Einzelpersonen benutze, um Angriffe in Europa vorzubereiten oder zu verüben. Es sei bekannt, dass der Iran Geheimdienstaktivitäten gegen Kritiker der iranischen Führung in Europa durchführe. Im Laufe der vergangenen Jahre habe Teheran den Fokus dann zunehmend auch auf andere Ziele in Europa gerichtet, etwa auf israelische oder jüdische Ziele.
Dem Verdächtigen könnten mehrere Jahre Haft drohen
Der Tatverdächtige soll nun aus Dänemark nach Deutschland gebracht und in Karlsruhe dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vorgeführt werden, der über eine Untersuchungshaft entscheidet. Konkret verdächtigt wird S. der geheimdienstlichen Agententätigkeit. Darauf stehen bis zu fünf Jahre Haft, in besonders schweren Fällen bis zu zehn Jahre.
Bundesjustizministerin spricht von einem "ungeheuerlichen Vorgang"
Die Innenministerien von Bund und Ländern hatten nach Beginn des israelischen Angriffs auf den Iran am 13. Juni die Maßnahmen zum Schutz israelischer und jüdischer Einrichtungen nochmals verstärkt. "Wenn sich dieser Verdacht bestätigt, dann haben wir es mit einem ungeheuerlichen Vorgang zu tun", sagte Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) zu dem aktuellen Fall: "Wir haben die Verantwortung, unseren jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern zur Seite zu stehen – gegen Bedrohungen von innen und von außen."
Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, erklärte: "Diese geglückte Abwehr muss ein letztes Signal an all diejenigen sein, die den Hass und die Vernichtungsfantasien des Mullah-Regimes gegen Israel und Juden in aller Welt immer noch kleinreden". Die Bundesregierung müsse "aktiv politisch gegen das iranische Regime vorgehen – eine andere Konsequenz für diesen mutmaßlich geplanten Terrorangriff kann es nicht geben".
Iran weist Vorwürfe als "unbegründet und gefährlich" zurück
Der Iran hingegen wies die Vorwürfe entschieden zurück. Die iranische Botschaft in Berlin sprach von "unbegründeten und gefährlichen Behauptungen", wie die regierungsnahe Nachrichtenagentur Isna berichtete. Die Vorwürfe seien Teil einer Kampagne, um von Israels Krieg gegen den Iran abzulenken, hieß es.
Ermittlungen zu weiteren Anschlagsplänen
Es sind nicht die einzigen Ermittlungen, die die Bundesanwaltschaft derzeit wegen mutmaßlich geplanter Anschläge auf jüdische und israelische Einrichtungen führt. Im Februar wurde am Flughafen Berlin-Brandenburg ein Russe gefasst, der mutmaßlich einen Anschlag auf die israelische Botschaft plante. Die Bundesanwaltschaft übernahm den Fall von der Generalstaatsanwaltschaft Brandenburg. Sie wirft dem Verdächtigen unter anderem die Unterstützung der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) vor.
Außerdem ermittelt die oberste deutsche Anklagebehörde wegen eines Angriffs am Holocaust-Mahnmal in Berlin. Ein syrischer Mann soll dort im Februar mit einem Messer auf einen spanischen Touristen eingestochen und ihn dabei lebensgefährlich verletzt haben. Die Bundesanwaltschaft wirft ihm vor, "aus einer radikal-islamistischen und antisemitischen Überzeugung heraus" gehandelt zu haben.
Mit Informationen von dpa und AFP.
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