Die Planungen für ein umfassendes Drohnenabwehrsystem an der Ostflanke der EU rücken nach den jüngsten, rätselhaften Vorfällen in Dänemark in den Fokus. EU-Verteidigungsindustriekommissar Andrius Kubilius erklärte, dass in einer Videokonferenz mit den Verteidigungsministern beschlossen worden sei, mit der Umsetzung des Konzepts zu beginnen. Geplant ist demnach vorrangig der Aufbau eines sogenannten "Drohnenwalls", der dank moderner Technologien das Erkennen, Verfolgen und Abfangen unbemannter Flugobjekte ermöglichen soll.
Aktuell fehle es an einem "wirksamen Erkennungssystem" für Drohnen. Die Schaffung eines solchen Systems sei daher "vorrangig", betonte Kubilius. Der "Drohnenwall" sei Teil eines größeren Projekts zur EU-Ostflankenüberwachung, das auch Bodenverteidigungssysteme, maritime Sicherheit für die Ostsee und das Schwarze Meer sowie satellitengestützte Lageerfassung beinhalte.
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Nächste Schritte und Zeitplan
Kubilius sagte, er werde sich nun beim EU-Gipfel im Oktober noch den politischen Rückhalt der Staats- und Regierungschefs sichern. Im Anschluss werde man dann gemeinsam mit nationalen Expertinnen und Experten eine detaillierte technische Roadmap festlegen und Europas Verteidigungsindustrie mobilisieren.
Für die Finanzierung sollten auch EU-Instrumente genutzt werden. "Der Schutzschild für die Ostflanke (Eastern Flank Watch) mit dem Drohnenwall als Kernstück wird ganz Europa zugutekommen", betonte Kubilius. In einem Interview der Website Euractiv hatte er zuletzt gesagt, der Wall könne innerhalb eines Jahres aufgebaut sein.
EU-Beamten zufolge soll bis Ende 2026 ein Sensorennetzwerk zur besseren Erkennung von Luftraumverletzungen fertiggestellt sein.
Breite Beteiligung und dringender Handlungsbedarf
An der Videokonferenz nahmen nach Angaben des EU-Kommissars Verteidigungsminister der EU-Frontstaaten Bulgarien, Estland, Finnland, Lettland, Litauen, Polen und Rumänien teil. Mit dabei waren zudem auch die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas sowie Vertreter Ungarns, der Slowakei, der dänischen EU-Ratspräsidentschaft und der Nato. In einer separaten Schalte unterrichtete der ukrainische Verteidigungsminister Denys Schmyhal die EU-Runde über die ukrainischen Erfahrungen bei der Abwehr russischer Drohnen.
An dem Konzept für eine deutlich effektivere Drohnenabwehr an der EU-Ostflanke wird bereits seit Monaten gearbeitet. Wie notwendig es ist, zeigte aus Sicht der Planer zuletzt vor allem das massive Eindringen russischer Drohnen in den Luftraum Polens vor zweieinhalb Wochen. Als weiterer Beleg werden auch die Ereignisse in Dänemark gewertet, wo bislang nicht identifizierte Drohnen stundenlang Flughäfen lahmlegten. Russland wird für die Vorfälle verantwortlich gemacht, streitet eine Beteiligung aber ab.
Drohnen auch in Bayern
Zudem gab es in Deutschland Vorfälle. So wurden in Schleswig-Holstein mehrere Drohnen in der Nacht zu Freitag überflogen. Wie Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack mitteilte, würden diese Sichtungen derzeit ausgewertet. Zuerst hatte der "NDR" berichtet (externer Link).
"Unter anderem aufgrund der jüngsten Vorkommnisse in Dänemark und anderen europäischen Ländern befindet sich Schleswig-Holstein mit Bund und Bundeswehr in intensiver und fortlaufender Abstimmung", sagte die CDU-Politikerin. Dabei werde auch dem Verdacht auf Spionage und Sabotage nachgegangen.
Auch in Bayern sorgen Drohnen derzeit an diversen Flughäfen für Ärger. Hier ist die Zahl der Fälle bisher vergleichsweise gering – die Polizei ist laut dem Innenministerium vorbereitet.
Mit Informationen von dpa und AFP.
Im Video: Erneut Drohnen über Dänemark
Erneut Drohnen über Dänemark
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