Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu
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Bildrechte: picture alliance / AA/photothek.de | Kira Hofmann
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Nach Kabinettssitzung: Israel will Gaza-Stadt einnehmen

Nach Kabinettssitzung: Israel will Gaza-Stadt einnehmen

Rund 22 Monate nach Beginn des Gaza-Kriegs hat sich Israels Führung für eine weitere Verschärfung der Kämpfe entschieden. Das israelische Sicherheitskabinett stimmte in der Nacht einem Plan zur Einnahme der Stadt Gaza zu.

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Das israelische Sicherheitskabinett hat in der Nacht zum Freitag den von Regierungschef Benjamin Netanjahu vorgelegten Plan zur, nach eigenen Worten, "Besiegung" der militant-islamistischen Hamas im Gazastreifen gebilligt. Der Plan sieht vor, dass die israelische Armee die Kontrolle über die Stadt Gaza übernimmt, hieß es in einer Erklärung des Büros von Netanjahu. Gleichzeitig soll dem Plan zufolge humanitäre Hilfe an die Zivilbevölkerung außerhalb der Kampfgebiete geliefert werden, hieß es weiter.

Fünf-Punkte-Plan für den Gazastreifen

Zu den fünf Prinzipien, um den Krieg im Gazastreifen zu beenden, gehört demnach auch die militärische Kontrolle des Küstenstreifens durch Israel und die komplette Entwaffnung der islamistischen Hamas sowie die Entmilitarisierung des Gazastreifens. Anschließend solle dort eine alternative Zivilregierung aufgebaut werden.

Israel kontrolliert gegenwärtig nach Medienberichten rund drei Viertel des weitgehend zerstörten Küstenstreifens, in dem insgesamt etwa zwei Millionen Palästinenser leben. Seit Anfang der Woche war über eine komplette Einnahme des Gazastreifens durch Israel spekuliert worden. Die nun beschlossenen Pläne gehen der offiziellen Mitteilung zufolge vorerst nicht so weit.

Netanjahu: "Hamas will keinen Deal"

Monatelange indirekte Verhandlungen zwischen Israel und der Terrororganisation Hamas über eine neue Waffenruhe und die Freilassung weiterer Geiseln waren zuvor ergebnislos geblieben.

"Ich verstehe genau, was die Hamas will. Sie will keinen Deal", hatte der Netanjahu zuletzt in einer Video-Botschaft erklärt. Er sei nun noch entschlossener, die Geiseln zu befreien, die Hamas zu zerschlagen und sicherzustellen, dass vom Gazastreifen unter der Herrschaft der Terrororganisation nie wieder eine Gefahr für den Staat Israel ausgehe.

Medien spekulierten zuvor, dass die nun konkrete Ankündigung einer Ausweitung der Kämpfe auch Teil einer Verhandlungstaktik sein könnte, um die Hamas in den Verhandlungen um eine Waffenruhe massiv unter Druck zu setzen. Israelische Politiker deuteten eine solche Strategie an. Der Sender N12 berichtete, die Vermittlerstaaten Katar und Ägypten würden bereits Druck auf die Hamas ausüben, an den Verhandlungstisch zurückzukehren.

Israel will Gaza nicht dauerhaft besetzen

In einem Interview mit dem US-Sender Fox News kurz vor Beginn der Sitzung des Sicherheitskabinetts sagte Netanjahu, Israel wolle die Kontrolle über den gesamten Gazastreifen übernehmen, das Gebiet aber nicht dauerhaft besetzen. Es solle von der Hamas befreit werden, um es schließlich an andere Kräfte zu übergeben. Dies müssten Kräfte sein, die nicht wie die islamistische Terrororganisation Hamas zur Vernichtung Israels aufriefen. 

Netanjahu sagte weiter: "Wir wollen ihn (den Gazastreifen) nicht behalten. Wir wollen eine Sicherheitsgrenze haben. Wir wollen ihn nicht regieren." Konkret sagte Netanjahu, den Gazastreifen an "arabische Kräfte" übergeben zu wollen.

UN-Sprecherin: Eskalation bedroht Palästinenser und Geiseln

Auch die Vereinten Nationen warnen vor einer weiteren militärischen Eskalation im Gazastreifen. Eine UN-Sprecherin reagierte in Genf auf den Entschluss des israelischen Sicherheitskabinetts, die Stadt Gaza einzunehmen. "Es ist klar, dass dies katastrophale Folgen für Millionen Palästinenser haben und das Leben der verbliebenen Geiseln in Gaza weiter gefährden könnte", sagte Sprecherin Alessandra Vellucci. Jede Entscheidung zur Ausweitung der israelischen Militäroperationen sei "äußerst alarmierend", sagte sie in einer Pressekonferenz auf eine Journalistenfrage. Leid und Hunger würden dadurch zunehmen und humanitäre Hilfe würde erschwert werden, erklärte Vellucci.

Große Sorge um verbliebene Geiseln

Nach israelischer Einschätzung befinden sich derzeit noch 50 Geiseln in der Gewalt der Hamas, von denen etwa 20 noch am Leben sein sollen. Medienberichten zufolge hatte die Armeeführung Bedenken gegen den ursprünglichen Plan zur Komplett-Eroberung des Gazastreifens geäußert.

Immer wieder wurde gewarnt, ein solcher Vorstoß könnte die Geiseln gefährden. Auch Angehörige der Entführten hatten sich gegen militärische Befreiungsversuche ausgesprochen und auf eine Einigung zur Beendigung des Kriegs gedrängt. Kritiker werfen Netanjahu vor, den Krieg aus politischen Gründen zu verlängern, um seine Koalitionspartner zufriedenzustellen.

Mit Material von dpa und AFP

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