Kurz bevor Margaretha Sudhof an diesem Dienstag vor dem Haushaltsausschuss des Bundestags aussagt, nimmt der politische Druck auf Jens Spahn (CDU) deutlich zu. Der ehemalige Bundesgesundheitsminister steht im Zentrum der sogenannten Masken-Affäre – ausgelöst durch neue Enthüllungen aus einem bislang nur geschwärzt bekannten Bericht. Inzwischen liegt mehreren Medien – darunter auch BR24 – die ungeschwärzte Version vor. Die Grünen und die Linke fordern angesichts der Vorwürfe einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss.
Die Sonderermittlerin Sudhof hatte im Auftrag des Bundestags die Masken-Beschaffung während der Corona-Pandemie untersucht. Der Bericht offenbart, dass Spahn in zahlreiche Entscheidungen persönlich eingebunden war – und offenbar auch teils vor Risiken gewarnt wurde, unter anderem bei Geschäften mit den Firmen Fiege und Emix.
Grüne sehen gezielte Vertuschung in "Masken-Affäre"
Für Janosch Dahmen, gesundheitspolitischer Sprecher der Grünen, sind die Erkenntnisse brisant. "Die Enthüllung zeigt schwarz auf weiß: Jens Spahn hat gelogen. Nicht einmal, nicht in guter Absicht, nicht nur in Details – sondern wiederholt, systematisch und mit dem Ziel, sich selbst und Netzwerke in seinem Umfeld zu schützen", sagte er.
Dahmen wirft zudem auch der aktuellen Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) vor, bei der Aufarbeitung nicht transparent gehandelt zu haben. Aus dem ungeschwärzten Bericht gehe laut Dahmen hervor, dass Warken gezielt Passagen habe schwärzen lassen, "mit dem offensichtlichen Ziel, die Verantwortung von Jens Spahn und weiteren Mitgliedern der Union zu verschleiern".
Der gleiche Vorwurf kommt von der Linksfraktion. "Die Union nutzt offenbar alle Möglichkeiten, um Spahns persönliche Verstrickungen zu decken", erklärte der Linken-Gesundheitsexperte Ates Gürpinar am Samstag in Berlin. "Die mehr als fragwürdigen Einmischungen von Spahn, die das unionsgeführte Bundesgesundheitsministerium lieber verheimlichen wollte, müssen lückenlos aufgeklärt und er selbst zur Verantwortung gezogen werden", verlangte nun Gürpinar.
Milliardenschäden durch mangelhafte Masken
Die Masken-Affäre dreht sich um milliardenschwere Beschaffungen während der Corona-Pandemie. Anfang 2020 waren Schutzmasken in Europa knapp, der Bund kaufte massenhaft ein – oft zu überhöhten Preisen und teils ohne funktionierende Qualitätskontrollen. Viele der gelieferten Masken wurden nie verwendet oder mussten später entsorgt werden.
Aus laufenden Rechtsstreitigkeiten drohen dem Staat nach wie vor Risiken in Milliardenhöhe. Der Haushaltsausschuss des Bundestags will an diesem Dienstag in einem Fachgespräch mit Sonderermittlerin Sudhof über den Bericht beraten.
Grüne fordern Untersuchungsausschuss
Mehrere Passagen des ungeschwärzten Dokuments widersprechen laut Dahmen früheren Aussagen Spahns. Es geht dabei unter anderem um die Frage, ob der damalige Minister im Vorfeld vor bestimmten Masken-Deals gewarnt wurde oder nicht. "Pandemie war in ganz Europa. Allen fehlten Masken. Aber nirgendwo sonst wurden in einem so beispiellosen Ausmaß Milliarden an Steuergeld verschleudert – für Masken, die in der überwältigenden Mehrheit nie geliefert wurden oder von so miserabler Qualität waren, dass sie später vernichtet werden mussten", so Dahmen.
Er erneuerte die Forderung seiner Fraktion nach einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss. "Wer sich selbst nichts vorzuwerfen oder zu verbergen hat, würde längst selbst einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss fordern oder eben Verantwortung übernehmen", sagte er.
Appell an SPD und Union
Grüne und Linke könnten einen Untersuchungsausschuss im Bundestag nicht allein durchsetzen. Ihnen fehlt die nötige Zahl an Stimmen. Eine Zusammenarbeit mit der AfD schließen beide Fraktionen aus. Daher appellieren sie an SPD oder Union, den Weg für eine umfassende Aufklärung freizumachen.
Ein Sprecher Spahns wies den Vorwurf der Lüge zuletzt in der "Bild" als "grob irreführend" zurück. Ob die Union auf das Drängen der Opposition eingeht, ist bislang offen.
Aussage Sudhofs im Fokus
Am Dienstag dürfte sich zeigen, ob die Aussagen von Margaretha Sudhof im Ausschuss neuen politischen Druck entfalten – und ob sich die Masken-Affäre weiter zuspitzt. In der ungeschwärzten Fassung ihres Berichts liegt jedenfalls weiterer politischer Sprengstoff.
Mit Informationen von dpa und reuters
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