Nach 40 Minuten war Giulia Gwinns Auftritt beim EM-Auftaktspiel des DFB-Teams gegen Polen vorbei. Unter Tränen und mit schmerzverzerrtem Gesicht humpelte die 26-Jährige vom Feld. Bei einer Rettungsaktion war Gwinns Knie zuvor auf das der Polin Ewa Pajor geprallt.
Bitter waren die Szenen aus dreierlei Hinsicht: Es war das erste Spiel des DFB-Teams bei der EM 2025, es war Gwinns erster Einsatz als Kapitänin bei einer Europameisterschaft und es bahnte sich ein trauriges Déjà-Vu an: Gwinn hatte sich bereits im September 2020 im EM-Quali-Spiel gegen Irland das rechte und im DFB-Training im Oktober 2022 das linke Kreuzband gerissen. Sie verpasste deshalb schon die WM 2023 in Australien.
Bundestrainer Wück: "Bitter erkaufter" Sieg
Aufschluss über die Schwere der jetzigen Verletzung soll ein MRT-Termin am Samstagvormittag geben. "Es wäre unheimlich schlimm", sagte der Bundestrainer Christian Wück mit Blick auf Gwinns leidvolle Verletzungshistorie, "wenn es etwas Schlimmeres sein sollte."
Auch Gwinns Teamkolleginnen zeigten sich nach der Partie trotz des 2:0 (0:0)-Siegs erschüttert. Von einem "brutalen Schock" sprach Janina Minge, die von Gwinn die Kapitänsbinde übernommen hatte. Unmittelbar nach dem "bitter erkauften" (Wück) Auftaktsieg umarmten die Teamkolleginnen ihre Anführerin in der Kabine und spendeten reichlich Trost.
"Wir sind in Gedanken bei ihr", versicherte Laura Freigang. Es sei wichtig gewesen, Gwinn zu zeigen, "dass wir an sie denken und für sie da sind. Sie ist so ein wichtiger Mensch für uns." Auch Linda Dallmann versprach, dass das Team für Gwinn da sein werde, "weil sie auch für jede von uns da ist, wann immer sie kann". Selina Cerci hatte Gwinns Trikot mit der Nummer sieben bereits auf der Ehrenrunde getragen.
FC-Bayern-Präsident Herbert Hainer verspricht Unterstützung
Mit großer Sorge blicken auch die Verantwortlichen des FC Bayern in die Schweiz. Im exklusiven Interview mit BR24Sport sagte Ehrenpräsident Uli Hoeneß bei einem Termin in München am Samstagvormittag: "Ich habe mit großem Entsetzen mitgekriegt, dass unsere Giulia Gwinn sich verletzt hat. Ich hoffe sehr, dass es nicht so schlimm ist, wie man vermuten könnte."
Auf die Frage, ob der Verein Gwinn voll unterstützen würde, sagte der FCB-Ehrenpräsident nur: "Natürlich! Wir müssen nicht denen auf die Schulter klopfen, die gerade drei Tore geschossen haben, sondern denen, die gerade große Probleme haben. Wenn sie schwerer verletzt sein sollte, wird sie die volle Unterstützung des Vereins haben." Auch Präsident Herbert Hainer versicherte: "Giulia bekommt alle Unterstützung, wir werden alles Mögliche tun, damit sie so schnell wie möglich wieder auf dem Platz steht."
Ausfall von Gwinn wäre großer Verlust
Dass Gwinn bei der EM noch einmal auflaufen wird, erscheint allerdings äußerst fraglich. Ein Ausfall der charismatischen Leitfigur wäre ein herber Dämpfer für die Titelambitionen des Rekordeuropameisters. Gegen Polen habe sich die DFB-Auswahl laut Torhüterin Ann-Katrin Berger aber zumindest nicht anmerken lassen, "dass wir unsere Kapitänin vermissen". Es spreche für das Team, meinte Freigang, "wie wir das weggesteckt haben". Und Jule Brand betonte: "Wir haben die drei Punkte für sie geholt."
Das Team müsse nun "zusammenstehen" und Gwinn "beistehen", sagte Minge. Ob mit oder ohne Gwinn - weiter geht es für das DFB-Team am Dienstag gegen Dänemark.
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