Mitten im idyllischen Oberfranken, zwischen Vogelgezwitscher und Kirchenglocke, trainiert Hammerwerfer Merlin Hummel aktuell für seinen ganz großen Traum. "Ich mag das Ländliche hier. Ich mag die Ruhe. Ich mag das Vogelgezwitscher", erzählt der 23-Jährige im Interview mit BR24Sport.
In wenigen Tagen aber geht es für den gebürtigen Kronacher von der oberfränkischen Landidylle in den japanischen Großstadtdschungel: Zwischen dem 13. und dem 21. September findet die Leichtathletik-WM in Tokio statt - und der Athlet von der LG Stadtwerke München zählt zum engsten Favoritenkreis.
Vor allem seit er dieses Jahr erstmals die 80-Meter-Marke geknackt hat, ist er heiß auf Edelmetall. Seit 18 Jahren hat niemand mehr so weit geworfen wie der Kulmbacher. "Das war ein ganz besonderer Moment. Jetzt ist das eigentlich zum Ziel geworden, das auch immer abzurufen, weil ich weiß, ich kann das. Ich hab mich da, ehrlich gesagt, schnell reingelebt", sagt Hummel.
Hummel will die 85-Meter-Marke erreichen
Der Oberfranke ist längst an der Weltspitze angekommen, bei der WM in Tokio gehört er zu den Top Sechs. Auch wenn das kurzfristige Ziel eine Medaille in Tokio ist, will Hummel noch höher hinaus. Am Ende seiner Karriere, die beim UAC Kulmbach startete, will er die 85 Meter als Bestmarke erreicht haben: "Wenn man das mal erreicht hat – das ist ja auch deutscher Rekord. Damit ist man bei Weltmeisterschaften oder bei Olympia eigentlich immer auf dem Treppchen", sagt Hummel.
Die Zahl 85 hat er immer vor Augen: Auch auf seiner Tasse, aus der er seinen morgendlichen Kaffee trinkt, ist die Zahl eingraviert. Sein Ziel soll auch beim Frühstück omnipräsent sein.
Mutter ist auch Mentaltrainerin
Hammerwerfen ist im Hause Hummel Familiensache: Die Mutter unterstützt ihn als Mentaltrainerin, sie bereitet ihren Sohn auf die großen Wettkämpfe vor. Auch volle Stadien und Lärm sollen Hummel nicht aus der Ruhe bringen. "Sie geht da sehr, sehr kreativ in die Materie. Neulich haben wir eine Wanderung gemacht. Da waren verschiedene Etappen, die wir abgearbeitet haben, vieles aus der Vergangenheit", erklärt Hummel.
Hummel haderte lange mit Olympia-Leistung
Die Kreativität der Mutter und die Zusammenarbeit scheinen sich auszuzahlen: Die Lockerheit, die bei den Olympischen Spielen in Paris fehlte, ist mittlerweile zurück. Bei seinen ersten Spielen wurde er Zehnter - ein solides Ergebnis. Trotzdem haderte er lange mit seiner Leistung.
"Natürlich hätte ich mir auch eine höhere Platzierung erhofft, aber über die Platzierung habe ich mich nicht geärgert. Ich habe mich nur geärgert, dass ich in dem Wettkampf nicht die Leistung abgerufen habe", sagt Hummel. Die Enttäuschung von Tokio gehört aber mittlerweile der Vergangenheit an. Bei der WM will Merlin Hummel beweisen, dass er erfahrener, stärker – und bereit für eine Medaille ist.