Das Arbeitspensum und die Belastung von Schulleiterinnen und Schulleitern überschreitet oft gesundheitsgefährdende Limits. Das ergab eine jetzt veröffentlichte Befragung (externer Link) von mehr als 7.300 Schulleitungen aus 14 Bundesländern, die die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Auftrag gegeben hatte. Die hohe Arbeitsbelastung könnte ein Grund dafür sein, dass die Stelle der Schulleitung an weit über tausend Schulen in Deutschland unbesetzt ist.
75 Prozent der befragten Schulleiterinnen und Schulleiter gaben an, den ganzen Tag in einem hohen Tempo zu arbeiten. Trotzdem könnten 70 Prozent ihre Pausenzeiten nur selten oder nie einhalten. Burnout-Symptome und die Unfähigkeit abzuschalten treten laut der Studie bei schulischen Leitungskräften im Vergleich zu anderen Berufsgruppen überdurchschnittlich häufig auf. Was aus Sicht einer Gewerkschafterin und eines Schulleiters geschehen muss, um die Situation zu verbessern.
Schulleitungen: Burnout-Risiko wegen hoher Arbeitsbelastung
"Ein bisschen schockiert" habe sie, dass den Angaben der Studie zufolge "drei Viertel der Kolleginnen und Kollegen sehr häufig krank zur Arbeit gehen", sagt Anja Bensinger-Stolze, Vorstandsmitglied der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) für den Bereich Schule, im BR-Interview. Allein im Vergleich zu Lehrkräften sei dieser Wert bei den Schulleitungen damit um zehn Prozent höher, im Vergleich zu allen anderen Berufen sei die Diskrepanz sogar noch deutlicher.
Der Arbeitsalltag von Schulleitungen hätte sich in den vergangenen Jahren eben deutlich verändert, sagt Dr. Michael Hoderlein, Schulleiter an der Grundschule Berg am Laim in München. Mittlerweile seien die Aufgaben einer Schulleitung mit der Führung eines mittelständischen Betriebs zu vergleichen. An seiner Schule trägt er die Verantwortung für 120 Erwachsene: "Da gibt’s viele Erziehungskräfte, Sozialarbeiter, zusätzliches pädagogisches Personal, Küchenteam, Lehrkräfte, das externe Personal. Und für alle die sind Sie verantwortlich", erklärt er. Schulleiter seien Manager, würden auf diesen Beruf in der Lehrerausbildung aber nicht vorbereitet. "Ich glaube, dass das viele abschreckt", so Hoderlein.
Schulleiter fordert weniger Unterrichtsverpflichtungen für Leitungskräfte
Um die Arbeitsbelastung zu verringern, wünscht sich Schulleiter Hoderlein weniger verpflichtende Unterrichtsstunden für Schulleiter. "Meine Konrektorin hat 26 Unterrichtsstunden zu geben. Das heißt, sie arbeitet über 90 Prozent allein für den Unterricht und hat dann gerade noch zwei Stunden Zeit, um die Schule mitzuführen - als Konrektorin!" Diese Situation sei ein "Unding", kritisiert Hoderlein und dadurch sei kaum Zeit mehr übrig "für Schulentwicklung, Personalentwicklung, für Unterrichtsentwicklung".
Arbeitszeiterfassung und Aufgabenübertragung – eine Lösung?
Weniger Unterrichtsstunden, um die Schulleiter zu entlasten, das fordert auch die GEW. Eine weitere Idee der Gewerkschaft ist eine Erfassung der Arbeitszeiten, um die Arbeitsbelastung in den Griff zu bekommen. Diesen Vorschlag hält Schulleiter Hoderlein in der Praxis aber nicht für umsetzbar. "Ich kann die Arbeitszeit in der Schulleitung kaum definieren. Und im Übrigen: Soll ich nach 40 Stunden aufhören? Und was ist dann? Es gibt keinen anderen Schulleiter."
Auch Verwaltungsaufgaben auf anderes Personal zu übertragen, wie von der GEW vorgeschlagen, hält Hoderlein für schwierig. Dafür sei genaues Wissen notwendig, Konzepte über Ziele und notwendige Ressourcen und auch über die Kinder - alles Aufgaben, die nicht so einfach auf anderes Personal übertragen werden könnten, sagt Hoderlein.
Schulleitungs-Beruf besonders "sinnstiftend"
Gewerkschafterin Anja Bensinger- Stolze hofft, dass "schnell was passiert", damit sich die Situation für Schulleiterinnen und Schulleiter verbessert. Vielleicht finden sich dann auch mehr Bewerberinnen und Bewerber auf die vielen offenen Stellen.
Für Michael Hoderlein von der Grundschule in Berg am Laim ist der Beruf des Schulleiters trotz der hohen Arbeitsbelastung "extrem erfüllend" und "sinnstiftend". Um mehr Lehrer für diese Aufgabe zu gewinnen, appelliert er auch bei Schulleiter-Coachings an diesen Idealismus. "Wir sind Lehrer oder Lehrerin geworden, damit wir für die Kinder, die uns anvertraut sind, die Welt besser machen. Das ist was Ideelles." Auch in der Umfrage gaben die Schulleiterinnen und Schulleiter an, ihre Arbeit als sinnvoll und wichtig zu empfinden.
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!