Blick auf eine Baustelle.
Blick auf eine Baustelle.
Bild
Die Pläne in Kulmbach sind fertig für eine Wasserstoff-Tankstelle - aber wie sind die Perspektiven?
Bildrechte: BR
Schlagwörter
Bildrechte: BR
Videobeitrag

Die Pläne in Kulmbach sind fertig für eine Wasserstoff-Tankstelle - aber wie sind die Perspektiven?

Videobeitrag
>

Aiwangers Wasserstoff-Tankstellen: Wird das noch was?

Aiwangers Wasserstoff-Tankstellen: Wird das noch was?

Im Wasserstoff liegt die Zukunft der Energieversorgung – das ist die Botschaft von Bayerns Energieminister Hubert Aiwanger. Er hat ein Förderprogramm für Wasserstoff-Tankstellen aufgelegt. Das droht jedoch jetzt zu scheitern. Beispiel Kulmbach.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Radio Bayern am .

Im Januar 2023 dachten sie in Kulmbach eigentlich, sie hätten es geschafft. Als die Videobotschaft von Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW) eintrudelte: "Herzlichen Glückwunsch, dass es jetzt endlich was geworden ist mit unserer Wasserstoff-Region Kulmbach." Der Förderbescheid für die Kulmbacher Wasserstofftankstelle liegt seitdem vor. Aber der vorgesehene Bauplatz in einem Kulmbacher Industriegebiet ist auch fast drei Jahre danach noch immer leer.

Kulmbacher Unternehmer will Diesel loswerden

Florian Schneider möchte mit seinem Rohrbauunternehmen ASK Wasserstoff-Lkw und -baumaschinen fahren. "Ich bin der Überzeugung, dass der Diesel langfristig nicht nachhaltig ist", betont er, deshalb will er die Kulmbacher Wasserstofftankstelle auch selbst mitbetreiben. 2023 hatte er viele weitere regionale Unternehmen mit im Boot, die Wasserstoff-Lkw anschaffen und dann bei ihm tanken wollten.

Ohne Förderung gibt es keine Wasserstoff-Lkw

Aber dann der Rückschlag: Die Ampelregierung gerät durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts in akute Geldnot – und streicht ein Förderprogramm des Bundes für den Kauf von Wasserstoff-Lkw, mit dem sie in Kulmbach fest gerechnet hatten. Deswegen gibt es bis heute keine Fahrzeuge, die in der Region Wasserstoff tanken würden – und damit für die geplante Tankstelle auch keine Kundschaft. So auch an vielen anderen Orten in Bayern: 30 Wasserstofftankstellen sollten mit Aiwangers 60-Millionen-Förderprogramm eigentlich gebaut werden, tatsächlich umgesetzt sind davon bisher aber erst fünf.

Auch bei Lkw besetzen Batteriefahrzeuge den Markt

Und die Technik-Welt hat sich seit 2023 verändert. Während Wasserstoff-Lkw stagnieren, macht die Entwicklung von batterieelektrischen Lastern große Fortschritte. Auch das kann man in Kulmbach besichtigen: bei der Spedition Murrmann, die eigentlich auf der Kundenliste für die Wasserstofftankstelle stand. Inzwischen hat die Firma zwei Elektro-Lkw angeschafft, von denen Geschäftsführer Gerhard Souza Murrmann geradezu schwärmt: "Wir sind damit sehr zufrieden, die laufen stabil, ohne größere Ausfälle. Die Fahrer sind begeistert von diesem geräuscharmen Fahren, das ist ein Aushängeschild für unseren Fuhrpark."

Technologieoffen bleibe man zwar weiter, sagt der Spediteur. Weil die Reichweite der E-Lkw bisher auf 400 Kilometer begrenzt ist, bleibe auf der Langstrecke theoretisch auch noch eine Marktlücke für Wasserstoff-Lkw. Aber es gebe halt praktisch keine konkurrenzfähigen Wasserstoff-Fahrzeuge, die deutschen Lkw-Hersteller orientierten sich um Richtung Elektro und die nächste Generation der Batterie-Laster werde noch leistungsfähiger.

Wasserstoff wird einfach nicht billiger

Und dazu kommt ein weiteres Problem: Der Wasserstoff selbst ist in den letzten drei, vier Jahren nicht etwa billiger geworden, wie erwartet, sondern sogar teurer. Aktuell kostet das Kilo Wasserstoff fast 20 Euro. Um konkurrenzfähig mit anderen Antrieben zu sein, bräuchte es einen Preis von unter zwölf, sagt Unternehmensberater Rainer Herold, der das Projekt Wasserstoff-Region Kulmbach mit entwickelt hat: "Das ist natürlich das Resultat daraus, dass wir den Wasserstoffmarkt in der Mobilität nicht zum Hochlauf bekommen."

Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW) beim Betanken eines Wasserstoffautos.
Bildrechte: picture alliance / SVEN SIMON | Frank Hoermann / SVEN SIMON
Audiobeitrag

Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW) beim Betanken eines Wasserstoffautos.

Fabriken, Flugzeuge und Schiffe brauchen weiter Wasserstoff

Dabei sollte gerade die Mobilität im Kalkül von Aiwanger der Türöffner für die Wasserstoffwirtschaft sein. Denn beim Betanken von Autos ist die Zahlungsbereitschaft für Energieträger am höchsten. Eigentlich ein richtiger Gedanke, bestätigt Philipp Heuser, Wasserstoff-Experte bei der Energie-Unternehmensberatung E-Bridge. Seiner Rechnung nach darf das Kilo Wasserstoff an der Tankstelle etwa neun bis zehn Euro kosten, um konkurrenzfähig zu sein, in der Industrie dagegen je nach Anwendung nur drei bis fünf Euro.

Trotzdem sieht er seit etwa zwei Jahren das Rennen zugunsten der E-Mobilität entschieden: "Dass wir den Verkehrssektor nutzen als Vehikel, um die Wasserstoffwirtschaft in Schwung zu bringen, dieser Zug ist abgefahren." Er empfiehlt, sich auf die Sektoren zu konzentrieren, wo es keine Alternative zum Wasserstoff gibt, also bestimmte Industrieprozesse, Flugverkehr und Schiffe.

Noch eine letzte Frist für das Projekt in Kulmbach

Das bayerische Wirtschaftsministerium hat die Fristen für die Umsetzung der bewilligten Wasserstofftankstellen aus seinem Förderprogramm noch einmal verlängert. Eine Neuauflage dieser Förderung sei nicht mehr geplant. In Kulmbach hoffen sie jetzt darauf, dass der Bund neue Wasserstoff-Förderprogramme auflegt. Und dass sich Wasserstoff lokal billiger herstellen lässt. Vielleicht ein halbes Jahr geben sie dem Projekt Wasserstoff-Tankstelle noch Zeit, dann müssten sie die Reißleine ziehen.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!