Ein ICE in Garmisch-Partenkirchen
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Aus für Alpen-ICEs: "Schlag ins Gesicht" – Kritik an Bahn-Plänen

Aus für Alpen-ICEs: "Schlag ins Gesicht" – Kritik an Bahn-Plänen

Die DB will mehrere Direktverbindungen aus Norddeutschland in Südbayerns Feriengebiete fast komplett streichen, etwa den ICE "Karwendel". In den betroffenen Regionen herrscht Entsetzen, man befürchtet drastische Auswirkungen auf den Tourismus.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Die geplante Streichung von mehreren ICEs und Fernverkehrszügen von Kiel, Hamburg und Berlin in Tourismusorte in Südbayern wie Garmisch-Partenkirchen, Berchtesgaden und Oberstdorf sorgt für Kritik. Der "Karwendel" von Berlin fährt bereits am 27. September zum letzen Mal. Der ICE "Wetterstein", der an den Wochenenden Hamburg via Lüneburg, Celle, Würzburg, Augsburg und München mit Garmisch-Partenkirchen verbindet, entfällt im Dezember.

Murnaus Bürgermeister: Einstellung der Züge trifft Tourismus

Der Bürgermeister von Murnau, Rolf Beuting (ÖDP/ Bürgerforum), kritisiert scharf, dass die Verbindung über Murnau nach Garmisch-Partenkirchen wegfallen soll und spricht von einem "Schlag ins Gesicht" für die Region. "Mit dem Wegfall der direkten Fernzüge zieht sich die Bahn Stück für Stück aus der Verantwortung zurück, eine hochwertige Anbindung der touristisch bedeutenden Region sicherzustellen", so Beuting.

Der Fernverkehr sei ein wichtiges Angebot für Gäste aus Berlin, Hamburg und dem Norden Deutschlands, "die klimafreundlich und komfortabel ins Werdenfelser Land reisen wollen. Die kurzfristige Einstellung treffe nicht nur die Bürgerinnen und Bürger, sondern auch die gesamte Tourismuswirtschaft, so Murnaus Bürgermeister. "Angesichts der Klimaziele und der Bedeutung des sanften Tourismus" sei diese Entscheidung "ein fatales Signal".

Aus für "Kukidentexpress" trifft auch bayerische Reisende

Vor allem ältere Fahrgäste aus dem Norden nutzen die IC- und ICE-Fernzüge. Mit ihnen können sie direkt, ohne lästiges Umsteigen, an ihre Urlaubsorte in Südbayern gelangen. Ein Lokführer bezeichnete die Züge wegen ihrer Beliebtheit bei älteren Passagieren scherzhaft als "Kukidentexpress".

Für die Bayern wiederum sind die Züge eine gute Möglichkeit, beispielsweise Hamburg oder Kiel direkt und ohne umsteigen zu erreichen. Deshalb gibt es auch im Norden Kritik an der geplanten Einstellung.

Rückläufige Auslastung trägt zu DB-Entscheidung bei

Eine insgesamt zu schwache Auslastung, steigende Trassenpreise und bevorstehende Baustellen in Bayern sind Gründe für die Bahnmanager, die Verbindungen trotzdem aufzugeben. Deren Auslastung schwankt stark und ist sehr von den Jahreszeiten abhängig, in den vergangenen Jahren war sie insgesamt eher rückläufig. Viele, vor allem jüngere Fahrgäste bevorzugen schnellere Anreisen und sind auch bereit, in München in Regionalzüge umzusteigen, die sie dann auch mit einem Deutschlandticket nutzen können.

Dazu kommt das Flottenmanagement der Bahn. So werden ICE-1-Züge nach und nach außer Dienst gestellt. "Anstatt für eine bessere Auslastung der Züge zu sorgen, werden die Fernverkehrszüge in die Tourismusregion lieblos gestrichen", sagte Marco Kragulij vom Fahrgastverband Pro Bahn dem BR. Bei Pro Bahn ist man zudem verwundert über die Streichung, weil die Bahn eigens für solche Strecken 21 Hybrid-Lokomotiven von Siemens gekauft hatte. Die könnten auch auf den Dieselstrecken nach Oberstdorf und Westerland auf Sylt fahren. Sie würden nun offenbar anders eingesetzt, so Norbert Moy von Pro Bahn.

Staatsregierung sieht Bund und Bahn in Verantwortung

Das bayerische Verkehrsministerium hat um eine Überprüfung gebeten. Im Juli gab es ein Gespräch von Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) mit dem für Fernverkehr zuständigen DB-Vorstand Michael Peterson. Die Bahn hatte damals zugesagt, die geplanten Streichungen noch einmal zu überprüfen.

Das Verkehrsministerium betonte auf BR24-Anfrage aber, dass nicht die Bundesländer, sondern der Bund gemäß Grundgesetz "für den Schienenpersonenfernverkehr (SPFV) zuständig" sei und dass dieser den SPFV "als eigenwirtschaftlichen Verkehr" behandele, das Bundesunternehmen DB Fernverkehr entscheide also "über sein Angebot in Eigenverantwortung".

Kommunen fühlen sich von der Bahn überfahren

In Murnau ist man derweil darüber verärgert, dass die Kommunen in die Überlegungen des Bahnkonzerns nicht eingebunden worden seien. "Beim letzten Runden Tisch zum Werdenfelsnetz, bei dem die Bahn anwesend war, war von solchen Plänen keine Rede", so Bürgermeister Rolf Beuting. Er fordert von der Deutschen Bahn nun Transparenz und einen "ehrlichen Dialog" mit den betroffenen Kommunen.

Viel Zeit bleibt dafür nicht mehr. Der DB-Konzern will sich Ende September definitiv zum Fahrplanwechsel und dem künftigen Fernzugangebot äußern. In einer Auskunft an die ARD wurde betont, dass es kein "Ausdünnen des Fahrplans geben werde", allerdings schließt da Unternehmen nicht aus, "dass der Fahrplan wegen geringer Nachfrage angepasst werden könnte".

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