Mit Gottesdiensten und einer zentralen Feier ist heute an die Befreiung des Konzentrationslagers in Dachau vor 80 Jahren erinnert worden. Vor der zentralen Feier hatten bereits am Vormittag verschiedene Veranstaltungen stattgefunden.
Bei der Gedenkfeier ergriffen auch die Überlebenden Abba Naor, Jean Lafaurie und Leslie Rosenthal das Wort. Der heute 97-jährige Abba Naor aus München und Rehovot (Israel) überlebte den Dachauer Todesmarsch 1945. Im Interview mit BR-Chefredakteur Christian Nitsche antwortete Naor auf die Frage, welches Vermächtnis er den Nachgeborenen als Erinnerungskultur mitgeben wolle: "Mensch sein."
Überlebender: "Hier war ich eine Nummer"
Es war auch ein bewegender Moment, als der KZ-Überlebende Mario Candotto beim Gedenken am Krematorium ans Mikrofon trat. "Hier war ich eine Nummer", sagte er und er fügte hinzu: Die Menschen hätten aus der Geschichte nicht wirklich gelernt, man müsse den aktuellen Entwicklungen Einhalt gebieten.
Candotto gehört zu den zehn Überlebenden, die heute in die KZ-Gedenkstätte Dachau gekommen sind. Acht davon waren KZ-Häftlinge in Dachau, zwei weitere waren in den Konzentrationslagern Auschwitz und Theresienstadt untergebracht. Die Hölle hätten sie erlebt, sagte der Überlebende Jean Lafaurie. Für sie und auch die Nachkommen und Familien der Überlebenden sei das Gedenken ganz wichtig, sagte Gedenkstättenleiterin Gabriele Hammermann.
Ehemaliger Soldat schildert Moment der Befreiung
Minutenlangen Beifall erhielt der 100-jährige Bud Gahs, der als Soldat der sogenannten Rainbow-Division am 29. April 1945 dabei war, als die US-Armee das KZ befreite. "Erst als wir die Tore von Dachau öffneten, wurde uns wirklich klar, wofür wir gekämpft hatten. Was wir an diesem Tag sahen, brach uns das Herz und gab uns neuen Sinn." Sie seien als Soldaten für den Kampf ausgebildet gewesen, aber auf das, was sie da sahen, waren sie nicht vorbereitet, so Gahs weiter.
Als die US-Armee am 29. April 1945 das Lager Dachau erreichte und befreite, fand sie neben Bergen von Leichen auch rund 32.000 ausgezehrte Häftlinge vor, viele von ihnen schwer krank oder in Lebensgefahr.
Gedenkfeier in KZ-Gedenkstätte Dachau.
Charlotte Knobloch mahnt Schutz der Demokratie an
"Der Schutz der Demokratie ist die beste Friedensbewegung", betonte in einem jüdischen Gottesdienst Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern.
Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) dankte bei der Gedenkfeier den Zeitzeugen für ihre "unermüdliche Erinnerungsarbeit". Auch die Präsidentin des Bayerischen Landtags, Ilse Aigner (CSU), betonte den zentralen Stellenwert der Erinnerungskultur und einer wehrhaften Demokratie gerade angesichts des Erstarkens der extremen Rechten. "Wer nicht weiß, welche Errungenschaften unsere Freiheiten sind, muss einfach hierherkommen", sagte sie.
"Der Mensch zählt, nicht das Feindbild"
Als stellvertretende Ministerpräsidentin von Bayern sagte Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU): "Erinnern heißt: Begreifen, was war, was ist, was werden kann. Der Holocaust war bestialisch und unmenschlich, aber von Menschen gemacht." Bayern bekenne sich zu seiner historischen Verantwortung – unter anderem mit der Stiftung Bayerische Gedenkstätten und dem Max Mannheimer Haus. Jede Schülerin und jeder Schüler solle einmal im Schulleben eine KZ-Gedenkstätte besuchen. Auch habe man die Verfassungsviertelstunde eingeführt. "Wer Radikalismus bekämpfen will, muss verstehen, wo und warum er entsteht", so Scharf. Und weiter: "Der Mensch zählt, nicht das Feindbild."
- zum Artikel: Kommentar: Es gibt keine Alternative zur Geschichte
Im KZ Dachau wurden mehr als 41.000 Menschen ermordet
Die Nationalsozialisten hatten das Lager schon im März 1933 eröffnet, es diente dann als Modell für alle anderen Konzentrationslager. In Dachau mit seinen 140 Außenlagern wurden mehr als 200.000 Männer und Frauen aus über 40 Ländern eingesperrt. Mindestens 41.500 Menschen wurden ermordet, darunter Juden, Sinti und Roma, Menschen mit Behinderung, Homosexuelle, politisch Andersdenkende und Zeugen Jehovas.
Sie verhungerten oder starben an Krankheiten, Folter, Mord oder den schlimmen Bedingungen der Zwangsarbeit und der Haft. Nach dem Krieg diente die Anlage unter anderem als Internierungslager für NS-Täter, seit 1965 ist sie Gedenkstätte.
Mit einer Schweigeminute und Kranzniederlegungen auf dem ehemaligen Appellplatz ging die Gedenkfeier am Nachmittag zu Ende.
Im Audio: Bewegendes Gedenken an Befreiung des KZ Dachau
Kranzniederlegung in der Gedenkstätte des KZ Dachau bei den Feierlichkeiten am 4. Mai 2025.
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