Der Grünen-Politiker und Vizepräsident des Bayerischen Landtags, Ludwig Hartmann, hat Vorwürfe, er habe vertrauliche Informationen einer Sitzung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) an Gegner der Münchner Olympia-Bewerbung weitergeleitet, zurückgewiesen.
"Ich sehe darin kein Problem, dass man die Sachen teilt", rechtfertigte sich Ludwig Hartmann in der Sendung "jetzt red i" im BR Fernsehen. Hartmann verwies er darauf, dass weder der Präsident noch der Geschäftsführer des DOSB von "Interna" gesprochen hätten. Außerdem seien die Dokumente auf der Website "Sport and Politics" öffentlich zu finden. "Ich sehe darin kein Problem, dass man die Sachen auch in der kleinen Gruppe teilt", sagte Hartmann. Zuerst hatte die Bild-Zeitung darüber berichtet (externer Link; möglicherweise Bezahl-Inhalt).
Scharfe Kritik an Olympia-Gegner Hartmann
CSU-Politiker kritisierten Hartmann daraufhin scharf. Der CSU-Fraktionsvorsitzende Klaus Holetschek sagte etwa, Hartmann beschädige mit seinem Verhalten "die vertrauliche Zusammenarbeit der demokratischen Fraktionen im Landtag".
Diese Vorwürfe wies der Grünen-Politiker entschieden zurück. Ludwig Hartmann machte in der Sendung deutlich, warum er eine mögliche Olympia-Bewerbung ablehnt.
Hartmann: Wir brauchen Lösungen im Hier und Jetzt
Der Grünen-Politiker betonte, dass er die Interessen derer in den Blick nehmen wolle, die unter den hohen Mieten und dem überfüllten ÖPNV leiden. "Diese Menschen brauchen keine Begeisterung, die brauchen auch keinen olympischen Traum, die brauchen konkrete Lösungen für ihren Alltag im Hier und Jetzt”, sagte Hartmann. Wenn es so viel Begeisterung gebe, habe die Politik die Aufgabe, "auch einen kühlen Kopf zu bewahren".
Doch das sahen viele der Bürgerinnen und Bürger, die sich am Mittwochabend bei "jetzt red i" zu Wort meldeten, anders.
Olympia – Begeisterung beim Sportnachwuchs
So schwärmte etwa Josia Topf: “Paralympics und Olympia, das ist der heilige Gral eines jeden Sportlers.” Der Para-Schwimmer weiß, wovon er spricht: 2024 war er bei den Sommer-Paralympics in Paris dabei und holte je eine Gold-, Silber- und Bronzemedaille. “Das ist etwas, wofür es sich lohnt zu kämpfen, wofür es sich lohnt, das nach Bayern zu holen”, sagte er.
Er vertrat damit die Meinung von vielen begeisterten Sportlerinnen und Sportlern, die vier Tage vor dem Bürgerentscheid über die Bewerbung der Stadt München für die Olympischen Spiele in den Jahren 2036, 2040 oder 2044 in der “jetzt red i"-Arena diskutierten.
Bedenken wegen hoher Kosten
Kritik an der Olympia-Bewerbung gab es auch aus dem Publikum. Florian Stadler erinnerte an die vergangenen Olympischen Spiele in Paris. Er zitierte aus einem Bericht des französischen Rechnungshofs. Dieser besagt, dass die Austragung der Olympischen und Paralympischen Spiele in Paris die französischen Steuerzahler insgesamt rund 6,6 Milliarden Euro gekostet hat. Die Stadt München befinde sich in einer Haushaltskrise, sagte Stadler und kritisierte: “Wir haben keinerlei Geld für eine soziale und ökologische Stadttransformation, aber für so ein Prestige-Projekt, das innerhalb von wenigen Wochen wieder vorbei ist. Da werden wir Jahrzehnte dran zu knabbern haben.”
Der bayerische Sportminister Joachim Herrmann (CSU) zeigte Verständnis: “Natürlich ist das in der heutigen Zeit immer eine Frage der Abwägung.” Allerdings sei es falsch, deshalb generell keine Sport-Events mehr zu veranstalten. Die meisten Kosten würden durch die Zahlungen des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) gedeckt werden. Einnahmen gebe es durch den Verkauf von Fernseh-Rechten und die Eintrittsgelder, erklärte Herrmann.
Ludwig Hartmann (Grüne) sprach sich gegen die Olympia-Bewerbung aus. Sportminister Joachim Herrmann (CSU) ist dagegen ein Befürworter der Spiele.
Herrmann will eigene Maßstäbe setzen
Er hob außerdem die Bewerbung im internationalen Kontext hervor und erinnerte daran, dass es kurz vor der Fußball-Weltmeisterschaft in Katar oder den Olympischen Spielen in Peking Kritik daran gegeben habe, dass diese Sportevents in Ländern stattfinden, in denen Menschenrechts- und Umweltschutz-Maßstäbe nicht gewahrt werden. Herrmann appellierte, dass Deutschland selbst Maßstäbe in diesen Bereichen setzen müsse. “Wir müssen den Mut haben, das selber wieder anzupacken”, sagte er.
Bürgerentscheid am 26. Oktober
Am kommenden Sonntag wird sich zeigen, wer sich durchsetzen wird. 1,1 Millionen Stimmberechtigte werden entscheiden, ob München weiterhin eine Chance auf die Olympischen und Paralympischen Sommerspiele haben wird.
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