Der Münchner Polizeipräsident Thomas Hampel vor dem Sonnenuntergang hinter der Altstadt von München (Bayern) am 08.04.2025 mit zahlreichen Baukränen. Links daneben ein Polizeihubschrauber.
Der Münchner Polizeipräsident Thomas Hampel vor dem Sonnenuntergang hinter der Altstadt von München (Bayern) am 08.04.2025 mit zahlreichen Baukränen. Links daneben ein Polizeihubschrauber.
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Polizeipräsident: Gewaltintensität gegen Polizisten steigt
Bildrechte: picture alliance / dpa | Matthias Balk I Nicolas Armer; BR Montage
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Polizeipräsident: Gewaltintensität gegen Polizisten steigt

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Polizeipräsident: Gewaltintensität gegen Polizisten steigt

Polizeipräsident: Gewaltintensität gegen Polizisten steigt

Die Zahl von verletzten Münchner Polizisten ist in den vergangenen Jahren angestiegen. Damit steht die Polizei vor neuen Herausforderungen. Ein Interview mit dem Münchner Polizeipräsidenten Thomas Hampel.

Über dieses Thema berichtet: 7 Fragen Zukunft am .

Erst im Januar der Brandanschlag auf Polizeifahrzeuge der Hundestaffel, dann im Mai der Brandanschlag auf die Reiterstaffel – die Münchner Polizei hatte in diesem Jahr mit Gewalt gegen sich im größeren Ausmaß zu kämpfen. Eine Entwicklung, die den Polizeipräsidenten Thomas Hampel nachdenklich stimmt. In der Interviewsendung "7 Fragen Zukunft" spricht Hampel mit BR-Chefredakteur Christian Nitsche über die Auswirkungen und Konsequenzen dieser Gewaltentwicklung.

Christian Nitsche: Die Gewalt gegen Polizistinnen und Polizisten in München hat dieses Jahr ein neues Ausmaß erreicht. Wie denken Sie darüber?

Thomas Hampel: Das ist ein Novum für München. Wir haben in den letzten 30 Jahren keine Brandanschläge gegen die Polizei gehabt. Wir haben immer schon, auch im Bundesgebiet, Brandanschläge gegen Infrastruktur, kritische Infrastruktur, Stromeinrichtung oder die S-Bahn gehabt. Aber das waren wirklich zwei Anschläge gegen die Polizei. Zweimal vor Großereignissen, einmal vor dem Champions-League-Finale und einmal vor der Münchner Sicherheitskonferenz. Wir sind da sehr intensiv mit den Ermittlungen dran und gehen davon aus, dass das aus einem extremistischen Umfeld kommt, das gezielt gegen die Polizei vorgeht.

Im Video: Jugendgewalt, Messerattacken, Anschläge: Wie sicher ist München? 7 Fragen Zukunft

Nitsche: Ist das noch eine Ausnahme oder sehen wir einen Trend?

Hampel: Was uns nachdenklich stimmt, und das ist ein ganz wichtiger Punkt, dass die letzten zehn Jahre die Verletztenzahl der Kollegen massiv gestiegen ist. Vor zehn Jahren haben wir ungefähr 300 verletzte Kolleginnen und Kollegen gehabt, letztes Jahr 600. Die Intensität steigt. Zum Teil spielt da das Thema Alkohol und das Thema Drogen eine Rolle. Wenn jemand Drogen konsumiert hat und dann von der Polizei kontrolliert oder angehalten wird, kennt er im Prinzip keine Grenzen mehr. Und das führt dann eben auch zu den Verletzungen bei den Kollegen.

Nitsche: Wie geht es da den Polizistinnen und Polizisten? Man hat zwar eine Waffe, aber man ist der Gewalt dennoch unmittelbar ausgesetzt.

Hampel: Also das war für die Kollegen schon ein Schock, insbesondere auch bei der Reiterstaffel, weil eben viele Pferde da draußen sind, hoher Schaden entstanden ist und dass man gezielt gegen Polizei mit solchen Gewalttaten vorgeht, dass man Fahrzeuge und im Einzelfall auch die Liegenschaft anzündet, war ein richtiger Schock für die Kollegen. Also wir haben da sehr intensive Gespräche geführt.

Nitsche: Jetzt sieht man immer mal wieder das Graffiti "ACAB", was "All Cops Are Bastards" heißt. Was macht das mit Ihnen?

Hampel: Also mit mir macht das nichts, mich ärgert aber diese Pauschalierung. Es gibt dann auch "All Cops Are Targets". Das ist aus meiner Sicht noch schlimmer, nämlich gezielt Polizisten als Ziele zu definieren, die man angehen kann, die man schlagen kann, denen man vielleicht die Autos anzünden kann. Das zeigt natürlich, welches Geistes Kind die sind, und dass man da als Gesellschaft schon auch der Polizei den Rücken stärken muss.

Auch bei der Polizei läuft nicht alles rund. Aber ich glaube, und das ist schon die Besonderheit in München, dass die Münchner Bürger wirklich großes Vertrauen in die Polizei haben. Auch die Touristen, wenn sie nach München kommen. Das ist immer so das Feedback, wenn wir Gäste haben, internationale Delegationen, die sagen: "Ja, bei euch ist es total entspannt, die Leute sind freundlich und die Kollegen sind freundlich. Das kennen wir aus anderen Städten nicht so." Das ist eigentlich schon das, was mich bewegt, dass man dann auch den Kollegen den Rücken stärken muss. Und dann auch, wenn jemand ermittelt wird, entsprechende Strafen ausgesprochen werden.

Nitsche: Wie müssen Polizisten bewaffnet sein, um auf Gewalt vorbereitet zu sein?

Hampel: Wir haben die letzten Jahre sehr intensiv nachgerüstet, im wahrsten Sinne des Wortes. Die Kollegen haben eine moderne Dienstwaffe bekommen. Das war das Ergebnis aus den Terroranschlägen 2015 und 2016. Und wichtig ist auch die Schutzausstattung, weil wir eben auch unser taktisches Konzept umgestellt haben. Früher, wenn entsprechende Messerangriffe oder Gefahren im Raum waren, dann war zunächst die Devise: absperren und warten bis die Spezialeinheiten kommen. Das neue Konzept hat am 5. September 2024 gegriffen, also beim Anschlag auf das israelische Generalkonsulat und das NS Dokuzentrum in München, wo die Kollegen mit hohem Risiko gegen einen bewaffneten Täter vorgegangen sind.

Aber die Waffentechnik wird sich in Zukunft sicher nochmal ändern. Das Thema Taser spielt eine Rolle bei uns im Einsatzgeschehen. Aber man muss auch klar sehen: Wenn heute jemand mit dem Messer auf einen Kollegen zugeht, dann wird es in der Zukunft im Zweifel auch zum Schusswaffengebrauch kommen. Also da werden wir uns auch weiter mit dem Thema befassen müssen.

Nitsche: Danke für das Gespräch.

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