Das Kaschperle und die Augsburger Puppenkiste kämpfen derzeit vor Gericht um Fördergelder.
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Das Kaschperle und die Augsburger Puppenkiste kämpfen derzeit vor Gericht um Fördergelder.
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Puppenkiste-Streit: Theater sind kreativ bei der Finanzierung

Puppenkiste-Streit: Theater sind kreativ bei der Finanzierung

Freie Theater in Bayern können staatliche Förderung beantragen. Das hat auch die Augsburger Puppenkiste getan, 2022 aber kein Geld erhalten. Der Rechtsstreit ums Geld geht in die nächste Runde, in die Berufung. Warum das die Ausnahme ist.

Über dieses Thema berichtet: Bayern 2 Kulturleben am .

Urmel und Jim Knopf stellen sich Herausforderungen nicht nur auf der Bühne, sondern derzeit auch vor Gericht: Die Augsburger Puppenkiste, berühmt aus dem Fernsehen seit den 1950er-Jahren, will ein Urteil zu ihren Fördergeldern nicht hinnehmen.

Nach einer Niederlage vor dem Verwaltungsgericht Augsburg zieht das Theater weiter vor den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof. Im Mittelpunkt steht das Jahr 2022, in dem das Augsburger Aushängeschild keinen einzigen Euro der beantragten 250.000 Euro erhielt.

Kein Geld für 2022 – Streit um Bürokratie

Die Regierung von Schwaben begründete die Ablehnung damit, der Haushaltsplan sei zu wenig detailliert. Theaterchef Klaus Marschall nennt das überzogen. Sein Anwalt kritisierte, dass der hohe Papier- und Zahlenaufwand ein kleines Theater wie die Puppenkiste besonders belaste. Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab: Auch andere geförderte Bühnen müssten ähnlich genaue Unterlagen einreichen.

Das Prinzip

Neben den städtischen und staatlichen gibt es auch freie Theater in Bayern, wie die Augsburger Puppenkiste. Sie können Zuschüsse beim Freistaat Bayern und ihrer Kommune beantragen. Grundsätzlich müssen sie sich aber selbst darum kümmern, dass sie genügend Geld in der Kasse haben. Die öffentliche Förderung ist zwar ein mehr oder weniger fester Posten, aber nicht der größte in den Haushaltsplänen.

Mehrere Geldquellen notwendig

Das Augsburger Sensemble-Theater steckt gerade in den Proben für die neue Saison, die Ende September wieder beginnt. Das Programm des kleinen Hauses kommt beim Publikum an, die Vorstellungen sind zu 95 Prozent ausgelastet, sagt Leiter Sebastian Seidel.

Er zählt auf, worauf die Kalkulation beruht: einmal die Förderung durch die Stadt Augsburg. Hat sie Geld bewilligt, kann er auch einen Antrag beim Freistaat stellen. Dazu kommen Sponsoren und Einnahmen aus Seminaren. Auch der Barbetrieb im Theater spült Geld in die Kasse. Seidel sagt aber: "Die Haupteinnahmequelle sind unsere eigenen Zuschauer, das macht den größten Teil in unserem Budget aus und davon lebt das ganze Theater."

Kartenverkauf hält den Theatermotor am Laufen

Mit dem Geld aus den verkauften Eintrittskarten finanziert das Sensemble die laufenden Ausgaben. Die öffentliche Förderung durch Stadt und Freistaat ist eine Art Betriebskostenzuschuss. Damit decken sie beispielsweise Fix-Kosten wie Strom und Miete für die eigene Theaterbühne ab.

Das Freilandtheater in Bad Windsheim fängt knapp 70 Prozent der jährlichen Kosten mit Eintrittsgeldern auf, die öffentliche Förderung macht nur etwa sieben Prozent des Etats aus. Im Gegenzug müssen sie auch keine Miete bezahlen, weil sie das Fränkische Freilandmuseum als Bühne nutzen und zusätzlich Besuchergruppen erschließen, sagt der künstlerische Leiter, Christian Laubert. So günstig wie Bad Windsheim kommt wahrscheinlich keine Stadt an ein Theater, vermutet Laubert.

Kleine Theater scheitern an Förderkriterien

Theaterbühnen abseits größerer Städte stehen vor Problemen: Erst muss die Kommune Geld bereitstellen, dann kann auch der Freistaat noch eine Summe drauflegen. Die öffentlichen Fördergelder sind zudem an verschiedene Auflagen geknüpft und kleine Theater auf dem Land können diese Anforderungen kaum erfüllen, sagt Anne Schuester, ebenfalls Leiterin des Sensemble. Unter anderem muss die Bühne mindestens fünf Jahre erfolgreich arbeiten und mindestens 90 eigenproduzierte Veranstaltungen im Jahr spielen.

"Das heißt, keine Lesungen, keine Konzerte, kein Impro-Theater, sondern vorwiegend Stücke oder eigenproduzierte Performances", so Schuester. Dann aber seien die Chancen schon recht gut, dass das Ministerium die Förderung bewilligt.

Keine Regel ohne Ausnahme

Für München gelten andere Förderbestimmungen, weil sich dort viele staatliche Bühnen finden. Somit ist alleine die Stadt zuständig für die Unterstützung der freien Theater. Auch für Nürnberg gibt es eigene Regeln. Auch Kinder- und Jugendtheater werden seit einiger Zeit nicht mehr mit Bühnen für Erwachsene gleichgestellt.

Und freie Theater ohne eigene Bühne müssen ebenfalls andere Fördertöpfe anzapfen, sagt Wolfgang Hauck, Leiter der Theatergruppe "Die Stelzer" aus Landsberg am Lech, unter anderem, weil sie wegen der fehlenden Spielstätte wesentlich geringere Dauerkosten haben. Sein Haus wird projektbezogen gefördert. Aber auch dann muss er alle möglichen Quellen anzapfen, darunter den Kulturfonds Bayern und verschiedene Stiftungen wie den Fonds Darstellende Künste.

Bayern kein schlechtes Pflaster für freie Theater

Grundsätzlich, darin sind sich alle einig, ist die Situation für freie Theater in Bayern nicht so schlecht. Und um finanzielle Durststrecken zu überbrücken, dürfen freie Theater seit der Corona-Pandemie Rücklagen für drei Monate bilden. Sofern die Einnahmen dafür reichen. Weitere positive Folge der Pandemie-Zeit: Vorher hätten viele politische Gremien nicht gewusst, wie sich die Theaterszene finanziert. Das konnte man jetzt ändern, sagt Seidel.

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