Der 28-jährige Angeklagte vor dem Landgericht Aschaffenburg
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Der 28-jährige Angeklagte bei der Verkündung des Beschlusses.
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Messerangreifer von Aschaffenburg muss in Psychiatrie

Messerangreifer von Aschaffenburg muss in Psychiatrie

Der Messerangreifer von Aschaffenburg muss dauerhaft in die Psychiatrie. Das hat das Landgericht Aschaffenburg beschlossen. Im Januar hatte der 28-Jährige eine Kita-Gruppe mit einem Messer angegriffen. Zwei Menschen starben.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Die Tat sorgte im Januar deutschlandweit für Entsetzen: Im Aschaffenburger Park Schöntal hat ein Mann eine Kindergartengruppe mit einem Küchenmesser attackiert. Dabei hat der 28-Jährige zwei Menschen getötet – einen zweijährigen Jungen und einen Familienvater, der zur Hilfe eilte. Jetzt hat das Landgericht Aschaffenburg entschieden: Der Mann muss dauerhaft in eine psychiatrische Einrichtung. Der Beschluss ist rechtskräftig.

Gericht: "Tickende Zeitbombe"

In der Entscheidungsbegründung betonte der Vorsitzende Richter Karsten Krebs, dass die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus eine der schwerwiegendsten Maßnahmen ist, die gegen einen Betroffenen gestellt werden kann. "Es ist kein Kuraufenthalt, es ist eine Unterbringung in einem gefängnisähnlichen Umfeld", so Krebs. Es sei unter keinen Umständen zu verantworten, den Beschuldigten in absehbarer Zeit zu entlassen, er sei eine "tickende Zeitbombe". Bereits zuvor sei er psychisch auffällig gewesen, betonte der Richter: "Es gab einen ganzen Strauß an Warnsignalen. Vieles ist nicht so verlaufen, wie es aus medizinischer Sicht geboten gewesen wäre."

Die Unterbringung in der geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses ist unbefristet, wird jedoch mindestens einmal im Jahr von der Strafvollstreckungskammer überprüft. "Wir wünschen uns, dass der Beschuldigte dauerhaft weggesperrt bleibt", sagt eine Nebenklagevertreterin.

Einstimmige Forderung nach Unterbringung in Psychiatrie

Staatsanwaltschaft, Verteidigung und Nebenklage hatten zuvor die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus beantragt. Der Staatsanwalt betonte, dass die Tat keiner Radikalisierung des Beschuldigten entsprungen sei, sondern seinem Wahn. Auch weiterhin stelle er eine absolute Gefahr für die Allgemeinheit dar. Die Gesundheitsprognosen seien ungünstig, da die Krankheit lange unbehandelt geblieben ist. Hinzu kommen Suchterkrankungen und die soziale Isolation des Täters.

Staatsanwalt: "Unglaubliche Brutalität"

In seinen Ausführungen betonte der Staatsanwalt, dass der Täter durch die Bluttat unendliches Leid über die Betroffenen gebracht und die ganze Stadt mitten ins Herz getroffen habe. Nach so einer Tat stelle sich immer die Frage nach dem "Warum?", so der Staatsanwalt, er selbst habe darauf auch nach der Beweisaufnahme keine Antwort gefunden. Der Täter sei "mit unglaublicher Brutalität und absolutem Vernichtungswillen" vorgegangen, er habe bei beiden Kindern mit Tötungsabsicht gehandelt.

Mit Entlassung sei nicht zu rechnen

Der Pflichtverteidiger Jürgen Vongries ging in seinem Plädoyer genauer auf die künftige Unterbringung des psychisch kranken Täters ein. Durch die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus sei er nicht "davongekommen". Die Stationen dort seien mindestens so abgeriegelt wie in einer JVA, es handle sich um einen "trostlosen Ort der Aussichtslosigkeit". Da die Besserungsaussichten bei dem 28-Jährigen gering sind, sei mit keiner baldigen Entlassung zu rechnen. Es werde, wenn überhaupt, viele, viele Jahre dauern und selbst dann wäre an eine Entlassung nach Deutschland aufgrund der Tat kaum zu denken.

Nebenklage: Verfahren für Angehörige enorm belastend

Die Vertreter der Nebenklage schlossen sich in ihren Plädoyers den Ausführungen der Staatsanwaltschaft an, richteten sich aber in emotionalen Worten an den Vorsitzenden Richter. Für die Geschädigten und deren Familien stünde nun die Aufarbeitung im Vordergrund, das gesamte Verfahren sei für die Angehörigen enorm belastend.

Die Vertreterin der Familie des geschädigten zweijährigen Mädchens betonte, wie wichtig eine dauerhafte Unterbringung des Beschuldigten für ihre Mandanten sei. Die Vertreterin der Familie des getöteten 41-Jährigen sagte, der Familienvater sei ein Held, der durch sein selbstloses und mutiges Einschreiten Schlimmeres verhindert hätte.

Gutachter: "Massiv denkgestörter Mensch"

Ein Gutachter hatte sich im Prozess dafür ausgesprochen, den Mann aus Afghanistan in einem psychiatrischen Krankenhaus unterzubringen. "Alle Voraussetzungen dafür sind gegeben", sagte der Psychiater Hans-Peter Volz und sprach von einem "massiv denkgestörten Menschen". Spätestens seit Beginn 2024 sei der 28-Jährige an paranoider Schizophrenie erkrankt. Die Einschätzung des Gutachters: "Mit weiteren aggressiven Taten ist mit sehr, sehr hoher Wahrscheinlichkeit zu rechnen." Dass der Beschuldigte simuliert, halte er für sehr unwahrscheinlich. Bereits vor der Tat im Januar 2025 befand sich der spätere Angreifer in psychiatrischer Behandlung.

Verteidiger: "Tat eines Wahnsinnigen"

Bei Prozessauftakt hatte der Pflichtverteidiger des Afghanen von der "Tat eines Wahnsinnigen" gesprochen – und eine Erklärung im Namen des beschuldigten Afghanen abgegeben: Sein Mandant sei schwer psychisch erkrankt, zur Tatzeit habe er an einer paranoiden Schizophrenie gelitten. Der Beschuldigte spreche davon, "einen Teufel im Kopf" gehabt zu haben.

Das Landgericht Aschaffenburg hatte das Sicherungsverfahren an sechs Tagen verhandelt. Die Überlebenden der Messerattacke und Angehörige der Verstorbenen nahmen als Nebenkläger am Prozess teil.

Hinweis der Redaktion:

In einer früheren Version des Artikels war die Rede davon, dass eine Abschiebung des Messerangreifers ausgeschlossen sei. Dabei handelte es sich jedoch nicht um den Messerangreifer von Aschaffenburg. Stattdessen hat die Generalstaatsanwaltschaft München mitgeteilt, dass der Messerangreifer von Würzburg dauerhaft in einer psychiatrischen Klinik bleibt – ein Mann aus Somalia, der im Juni 2021 in Würzburg drei Menschen tötete und weitere verletzte. Wir bitten diesen redaktionellen Fehler zu entschuldigen. Weitere Informationen dazu finden Sie in diesem Artikel: Würzburger Messerangreifer wird nicht abgeschoben.

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