Am Montagnachmittag geht bei der Freiwilligen Feuerwehr Baiersdorf der Alarm los. Der Wald zwischen dem Ort und Röttenbach nahe Erlangen brennt. 7.500 Quadratmeter stehen in Flammen. Es muss aus der Luft gelöscht werden. Bis zum Abend ist der Brand eingedämmt. In weiten Teilen des Freistaats gilt seit Tagen die höchste Waldbrand-Gefahrenstufe. Zuletzt steht der Wald bei Schwandorf in Flammen. Bei Wendelstein nahe Nürnberg brannten vor einer Woche 30.000 Quadratmeter Wald, im Tennenloher Forst loderten Ende April die Feuer und auch bei Bayerischzell in Oberbayern wüteten in diesem Jahr bereits zwei Bergwaldbrände.
"Quasi die Hölle auf Erden"
Löschen in unwegsamem Gelände – auch für Feuerwehrmänner wie Christian Wuckelt im mittelfränkischen Baiersdorf eine Herausforderung: "Der Wind, die Trockenheit, es ist quasi die Hölle auf Erden", berichtet er Kontrovers. Er war als einer der Ersten vor Ort und erklärt, wie schnell sich die Flammen ausgebreitet haben: "Hier unten ging es irgendwo los am Weg. Die Meldung vom Flugzeug war am Anfang "200 Quadratmeter". Als der erste Trupp hier zur Erkundung runterkam, waren schon 2.000 Quadratmetern betroffen." Dabei stellen Waldbrände die Feuerwehr vor ungewohnte Probleme. Die größte Herausforderung für die Löscharbeiten sei es laut Wuckelt, "das Wasser dahin zu bringen, wo es gebraucht wird."
Im Video: Kontrovers-Interview mit Michaela Kaniber (CSU) Forstministerin: Schutzmaßnahmen gegen Waldbrände – "Bayern setzt auf Freiwilligkeit"
Zusätzlichen, verpflichtenden Schutzmaßnahmen bei Waldbränden für private Waldbesitzer erteilt die bayerische Forstministerin eine Absage.
Kaniber: "Hoffe nicht, dass sich die Lage verschärft"
In manchen südeuropäischen Ländern hat man bereits Maßnahmen für eine wirksame Waldbrandbekämpfung getroffen. In den gefährdeten Bergregionen des Gardasees sind beispielsweise Löschwasserleitungen fest verlegt. Die bayerische Forstministerin, Michaela Kaniber, sieht für solche Vorkehrungen derzeit noch keinen Handlungsbedarf. Im Interview mit dem BR-Politikmagazin Kontrovers erklärt sie: "Ich hoffe nicht, dass sich die Lage verschärft." Die CSU-Ministerin ist überzeugt, dass man mit über 7.500 Feuerwehren in Bayern sehr gut ausgestattet sei. "Und man darf nicht vergessen, wir haben 18 Teams, die aus dem Flug heraus auch Löscharbeiten leisten können."
Freiwilligkeit vor Ordnungsrecht
In anderen Bundesländern, wie zum Beispiel Nordrhein-Westfalen, können Brandschutzmaßnahmen, wie das Anlegen von Löschteichen angeordnet werden - auch gegenüber privaten Waldbesitzern. Das will Forstministerin Kaniber für den Freistaat nicht: "Bayern setzt grundsätzlich immer auf Freiwilligkeit und nicht auf das Ordnungsrecht,", betont sie auf Nachfrage.
Feuerwehrverband: "Große Lücken in der Ausbildung"
Tatsache ist: In Bayern hat fast jede Kommune eine Feuerwehr – ein Vorteil im Kampf gegen Waldbrände. Doch bei der Ausbildung der Feuerwehrleute komme das Thema Waldbrand kaum vor. Ulrich Cimolino leitet den Arbeitskreis Waldbrand beim Deutschen Feuerwehrverband. Er kritisiert die Feuerwehrausbildung: "In dem Spezialgebiet Vegetationsbrandbekämpfung ist es so, dass in keiner einzigen zentralen Ausbildungsvorschrift bisher auch nur eine Zeile zur Waldbrandbekämpfung steht. Weder zur Schutzkleidung noch zum Werkzeugbereich noch zur konkreten Ausbildung. Es obliegt also zurzeit noch dem Engagement und dem Bedarf in jeder einzelnen Feuerwehr, was die tatsächlich in diesem speziellen Thema für Ihre Feuerwehren machen." Deshalb soll das Thema Waldbrandbekämpfung künftig Teil der Grundausbildung werden.
Brandherd schwer erreichbar
Denn nicht nur in Südeuropa, sondern auch hierzulande nehmen Feuer im Wald zu. Trotz der Schwankungen – Jahre mit vielen Waldbränden werden häufiger.
Zurück in Baiersdorf: Besonders der Zugang zu Löschwasser war ein Problem. Feuerwehrmann David Hein zeigt den Weg zur Brandstelle. Enge Waldwege erschwerten die Arbeiten. "Wir haben dann das Gelände zu Fuß erkundet, um befestigte Straßen auszumachen, die man mit Großfahrzeugen befahren kann. Und von der Stelle aus geht man mit Schlauchstrecken, die mitunter teilweise kilometerlang lang sein können, zum Brandherd vor."
Güllefässer im Einsatz
Enorme Wassermengen waren notwendig, um den Brand zu löschen. Landwirte halfen mit Güllefässern aus, die mit Wasser aus umliegenden Flüssen und Weihern gefüllt wurden. Hein von der Freiwilligen Feuerwehr erklärt: "In so ein Güllefass passen teilweise 18.000, 20.000 Liter Wasser rein. In unser größtes Löschfahrzeug gerade einmal 3.500 Liter. Also, die Bauern waren Gold wert. Wenn die nicht da gewesen wären, wäre das, glaube ich, ganz anders ausgegangen."
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