Nach Angaben des Deutschen Reiseverbands (DRV) ist die Türkei zu Ostern das beliebteste Reiseziel bei Veranstalterreisen – mit einem Anteil am Gesamtumsatz von 17 Prozent. Doch seit der Festnahme und anschließenden Verhaftung des Istanbuler Oberbürgermeisters Ekrem Imamoglu von der oppositionellen CHP kommt es immer wieder zu Demonstrationen und Protesten. Laut DRV und ADAC gibt es vereinzelte Anfragen von verunsicherten Reisenden. Was Urlauber nun beachten müssen.
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Wo wird in der Türkei demonstriert?
Seit der Festnahme und Verhaftung Imamoglus am 19. März fanden Demonstrationen und Proteste vor allem in Istanbul, Ankara und Izmir statt. Es gab aber auch Protestmärsche in kleineren Städten. Die Polizei ging teilweise mit Tränengas, Pfefferspray, Gummigeschossen und Wasserwerfern gegen die Menschen vor. Örtlich sind Straßen und Plätze abgesperrt. Künftig will die Opposition jeden Mittwoch in Istanbul und jeden Samstag in einer anderen türkischen Stadt protestieren. Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan bezeichnete die Protestierenden als "Straßenterroristen".
Das Auswärtige Amt rät Reisenden (externer Link), Demonstrationen und größere Menschenansammlungen zu meiden. "Istanbul gilt als Zentrum der Proteste", sagt Caner Aver von der Stiftung Zentrum für Türkeistudien und Integrationsforschung in Essen BR24. Dort könnte sich "die Sicherheitslage im Kontext der noch vielleicht bevorstehenden Demonstrationen verschärfen". Aver: "In den touristischen Orten schätze ich die Sicherheitslage nicht als schwierig ein." Auch der ADAC in München betont: "Die beliebten Badeorte an der Südküste gelten weiterhin als sicher, da sie nicht direkt von den Protesten betroffen sind."
Warum könnten Probleme bei der Einreise drohen?
Seit der Verhaftung des Bürgermeisters wurden laut der Nachrichtenagentur Anka rund 2.000 Menschen festgenommen, 316 von ihnen befinden sich in Untersuchungshaft. Den meisten wird eine Teilnahme an Protesten vorgeworfen. Unter den Festgenommenen sind aber auch Menschen, die die Regierung kritisiert oder Boykott-Aufrufe in den sozialen Medien geteilt haben.
Nach Angaben von Caner Aver verfolgt die türkische Regierung mittlerweile eine Strategie, dass sie bei Kritikern, die sie juristisch angehen möchten, genau nach solchen Inhalten in den sozialen Medien suchen. Aver: "Dies geschieht auch nach mehreren Jahren rückwirkend."
Das Auswärtige Amt mahnt deshalb: "Seien Sie sich bewusst, dass in Deutschland getätigte Meinungsäußerungen und Handlungen, wie z.B. die Unterzeichnung von Petitionen mit kurdischen Anliegen, in der Türkei als regierungskritisch wahrgenommen werden könnten und dort deshalb zu strafrechtlichen Konsequenzen führen können. Gleiches gilt für regierungskritische Äußerungen in den sozialen Medien sowie das bloße Teilen oder Liken eines fremden Beitrags." Auch nichtöffentliche Kommentare könnten durch "anonyme Denunziation an türkische Strafverfolgungsbehörden" weitergeleitet werden.
Wie werden sich die Proteste weiter entwickeln?
"Das ist schwer abzusehen, weil es für alle Beteiligten ein Kraftakt sein wird, regelmäßig hunderttausende Menschen zu mobilisieren", so Caner Aver. Der Experte geht aber davon aus, dass die Proteste noch bis zu den Gerichtsverhandlungen Imamoglus weitergehen werden, zumindest an den Wochenenden und vermutlich auch auf Istanbul und vielleicht auf weitere Großstädte konzentriert.
Imamoglu steht am 11. April vor Gericht. Auch werde die weitere Vorgehensweise der Justiz gegen Inhaftierte bei den Protesten eine Rolle spielen, glaubt Aver. "Werden die Inhaftierten zu Haftstrafen verurteilt, kann das auch einen Mobilisierungseffekt auslösen."
Ist es möglich, eine Reise wegen der Demos zu stornieren?
Grundsätzlich können Urlauber ihre Reisen zu jedem beliebigen Zeitpunkt stornieren, so der DRV. Ob und wann die Stornierung einer Pauschalreise kostenlos möglich sei, regelten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Reiseveranstalters. Aber: "Angst oder Furcht alleine ist kein Grund für einen Anspruch auf kostenlose Stornierung oder Umbuchung", betont DRV-Pressesprecherin Kerstin Heinen. "Wer seine Reise stornieren möchte, sollte sich mit dem Reiseveranstalter in Verbindung setzen, um eine Kulanzlösung zu finden", rät ADAC-Sprecherin Melanie Mikulla.
Laut ADAC (externer Link) ist eine kostenfreie Stornierung in der Regel nur dann möglich, wenn das Auswärtige Amt eine offizielle Reisewarnung ausspricht oder erhebliche Beeinträchtigungen am Urlaubsort vorliegen. Eine offizielle Reisewarnung gibt es derzeit nicht.
Grundsätzlich können sich Reisende bei der Krisenvorsorgeliste ELEFAND (externer Link) eintragen, sodass sie im Krisenfall von deutschen Auslandsvertretungen schnell informiert werden können.
Zum Audio: Protestkultur in der Türkei
29.03.2025: Hunderttausende haben in Istanbul gegen die Festnahme des Istanbuler Oberbürgermeisters protestiert.
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