28.03.2025: Recep Tayyip Erdogan
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So könnte Erdogan noch einmal Präsident der Türkei werden

So könnte Erdogan noch einmal Präsident der Türkei werden

Eigentlich ist spätestens nach dieser Amtszeit Schluss für den türkischen Präsidenten. Beobachter gehen aber davon aus, dass Erdogan weiter an der Macht bleiben will. Laut Verfassung hat er zwei Möglichkeiten.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan ist in seiner zweiten Amtszeit – danach ist eigentlich Schluss. Laut Verfassung sind in der Türkei nur zwei Amtszeiten zulässig. Beobachter gehen jedoch davon aus, dass der 71 Jahre alte Präsident gerne ein drittes Mal Präsident sein möchte. Die nächste Parlamentswahl steht zwar erst 2028 an. Doch die Zustimmungswerte für seine AKP sinken, die Kritik nimmt zu. Erdogan scheint sich deshalb jetzt schon in Position zu bringen.

Erdogan-Rivale Imamoglu in Haft

Der größte Konkurrent von Erdogan, der Oberbürgermeister von Istanbul, Ekrem Imamoglu, ist am 19. März festgenommen worden, inzwischen in Haft – wegen Korruptionsvorwürfen. Zudem laufen gegen den Politiker Ermittlungen wegen Terrorunterstützung. Seitdem gehen in vielen Städten Menschen jeden Tag auf die Straßen, für Imamoglu, aber auch gegen die Regierung.

In der Vergangenheit zeigte sich der Präsident bereits kreativ: Erdogan ist seit 2014 Präsident. Eine Amtszeit dauert fünf Jahre. Das heißt: Eigentlich wäre er jetzt schon nicht mehr im Amt. Doch er führte kurz vor Beginn seiner zweiten Amtszeit 2018 durch eine Verfassungsänderung ein neues Präsidialsystem ein und argumentierte, damit habe eine neue Zeitrechnung begonnen.

Was sind heute die Möglichkeiten von Erdogan, um weiter an der Macht zu bleiben? Zum einen wären die Auflösung des Parlaments und vorgezogene Neuwahlen möglich. Artikel 116 der türkischen Verfassung (Externer Link) besagt, dass ein Präsident ein drittes Mal kandidieren darf, wenn das Parlament mit einer Dreifünftelmehrheit (360 von 600 Stimmen) vorzeitig Neuwahlen ausruft. Führt der Präsident selbst die Neuwahlen herbei, gilt dies nicht. Die zweite Möglichkeit wäre eine Verfassungsänderung. Dafür ist eine Zweidrittelmehrheit (400 von 600 Stimmen) nötig.

Erdogan braucht weitere Verbündete

Für beide Optionen hätte Erdogans Regierungsbündnis, also seine AKP und die MHP, derzeit nicht genügend Stimmen. Die AKP hat 272 Sitze im Parlament, der rechtsnationalistische Partner MHP 47, insgesamt also 319 Stimmen. Erdogan bräuchte weitere Verbündete.

Die CHP von Imamoglu – der von seiner Partei, während er im Gefängnis sitzt, zum Präsidentschaftskandidaten gewählt wurde – ist mit 134 Sitzen die zweitstärkste Kraft im Parlament. Die pro-kurdische DEM hat 57 Sitze und ist drittstärkste Kraft. Der Präsident der Deutsch-Türkischen Gesellschaft, Macit Karaahmetoglu, hält eine Herbeiführung von Neuwahlen mit Unterstützung der Kurden für die einzig realistische Option für Erdogan. Um die Kurden zu überzeugen, müsste der Präsident ihnen aber "einen Deal anbieten".

Deal mit den Kurden?

Bereits im Oktober hat Erdogans Regierungsbündnis einen neuen Friedensprozess mit der PKK in Gang gesetzt. Hinter den Kulissen wird offenbar ein Deal verhandelt. Wie genau dieser Deal aussehen könnte, ist unklar. Möglich wäre zum Beispiel eine Hafterleichterung für den inhaftierten PKK-Abdullah Öcalan, der erst kürzlich die Kämpfer zur Niederlegung der Waffen aufgerufen hat. Die PKK gilt in der Türkei, aber auch in Deutschland als Terrororganisation.

Möglich wäre aber auch die Freilassung von Selahattin Demirtas, dem früheren Vorsitzenden der pro-kurdischen Partei HDP (Vorläufer von DEM), der seit 2016 in Haft sitzt, sagt Dawid Bartelt, Büroleiter der Heinrich-Böll-Stiftung in Istanbul. Aber auch "das Lehren des Kurdischen in Schulen nicht nur zu einer Gefälligkeit zu machen, sondern wirklich verpflichtend, auch an staatlichen Schulen".

Großdemonstration in Istanbul

Trotz des teilweise harten Vorgehens der Polizei gehen die Proteste weiter. Heute wird ein neuer, vorläufiger Höhepunkt der Demonstrationen in Istanbul erwartet: Die CHP ruft die Menschen auf, sich mittags im asiatischen Stadtteil Maltepe zu versammeln. Auch die DEM sowie weniger einflussreiche Parteien wie die Türkische Arbeiterpartei (TIP) und die Linke Partei (Sol Parti) schlossen sich dem Aufruf an. Die CHP hat dafür kräftig die Werbetrommel gerührt, in den sozialen Medien Aufrufe veröffentlicht und Busse mit Lautsprecherdurchsagen durch Istanbul geschickt.

Erdogan, der die Straßenproteste immer wieder als Straßenterrorismus bezeichnet hat, appellierte dagegen auf der Plattform X (Externer Link auf Türkisch) an Eltern, auf ihre Kinder achtzugeben, damit sie nicht für den "hinterhältigen Plan krimineller Vereinigungen" missbraucht werden.

Mit Informationen von AFP

Zum Audio: Seit Tagen protestieren junge Menschen, heute gibt es eine Großkundgebung in Istanbul

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