Das Rentenpaket: eine lange Zitterpartie – doch am Ende könnte es die Linke sein, die die Regierung rettet. Die Fraktion will sich im Bundestag enthalten. Damit ist es für die Bundesregierung einfacher, eine Mehrheit für das Rentenpaket zu erzielen. Das könnte am Freitag beschlossen werden. Für den Zustand der Koalition bleibt die Frage aber weiterhin: Wie viele Abweichler wird es in den eigenen Reihen geben, wie viele stehen hinter dem Kanzler? Aber von vorne.
Regungs- und wortlos sind die jungen Abgeordneten am Vortag in die Sitzung der Union getrottet. Auf BR-Anfrage hieß es von den mittlerweile als "Renten-Rebellen" bezeichneten Abgeordneten am Dienstag: "Ich stehe heute erst einmal nicht für Interviews zur Verfügung". Viele bleiben wohl bei ihrem "Nein" zum Rentenpaket der eigenen Regierung – vorerst. In der Fraktionssitzung sollte ein Stimmungsbild eingeholt werden, denn: Die eigene Mehrheit ist nicht gewiss – auch nach der Sitzung nicht.
Gegenstimmen und Enthaltungen bei der Union
Wie viele Abgeordnete in der Fraktion tatsächlich mit Nein votierten, lässt sich nicht mit Sicherheit verifizieren, sondern stützt sich auf Aussagen von Teilnehmern. Der Grund: Wie üblich wurde zunächst nicht ausgezählt, sondern per Handzeichen abgestimmt. Die Mehrheit der Union spricht sich demnach für das Rentenpaket aus. Diese Botschaft sollte vermittelt werden – nach draußen wie drinnen in die eigenen Reihen. Aber: Zwischen zehn und 20 Nein-Stimmen mit Enthaltungen soll es ebenfalls gegeben haben. Das bedeutet: Sicher ist nichts, die eigene Mehrheit beim Rentenpaket wackelt weiterhin.
Was droht den Abweichlern?
Die Fraktionsführung reagiert: Abgeordnete, die bei ihrem "Nein" bleiben wollen, sollen sich bis Mittwochmittag persönlich melden – eine Bitte der Spitze. Es handelt sich um eine vorgezogene Frist, die nicht zwingend ist – offiziell gilt die Geschäftsordnung, die Abweichler bis Donnerstag, 17 Uhr, zur Meldung verpflichtet. Insbesondere Fraktionschef Jens Spahn (CDU) dürfte mit der vorgezogenen Frist auf Nummer Sicher gehen wollen, um die konkrete Anzahl der Abweichler zu erfahren und dann Einzelgespräche führen zu können.
Der Frage, ob er junge Abgeordnete bei derartigen Gesprächen unter Druck setzt, wich Spahn in der ARD-Sendung Caren Miosga zunächst aus. Ob er jungen Abgeordneten mit schlechten Listenplätzen drohe? So konkret habe er das nicht gesagt.
Spahn, Merz und die Koalition unter Druck
Klar ist: Spahn steht unter Druck. Seine Aufgabe ist es, die Reihen zu schließen und die Mehrheiten zu organisieren. Daran hängt nicht nur sein Erfolg, sondern auch der des Kanzlers und der gesamten Koalition. Es war zuerst SPD-Arbeitsministerin Bärbel Bas, die die Verabschiedung des Rentenpakets an die Zukunft der Koalition geknüpft hatte.
Auch in der Fraktionssitzung der Union soll Kanzler Friedrich Merz (CDU) nach Aussagen von Teilnehmern die klare Botschaft gesetzt haben: Es geht um mehr als die Rente. Von leidenschaftlich bis sauer reichen die Beschreibungen seiner Rede.
Junge Abgeordnete der Union mauern – und müssen jetzt abwägen
Wie es jetzt weitergeht? BR-Anfragen an junge Abgeordnete bleiben bislang unbeantwortet. Nur so viel: Beim Gang zum Fahrstuhl nach der Fraktionssitzung gab es einen knappen Satz der jungen Abgeordneten: "Sie werden dann sehen, ob die Mehrheit steht. Wir müssen jetzt sehr gut abwägen." Sie müssen eine Entscheidung treffen: für den Koalitionsfrieden oder die inhaltliche Überzeugung.
Die Linke verbessert die Ausgangslage für die Koalition
Zusätzlich hängt viel von der tatsächlichen Anwesenheit der Abgeordneten ab: Krankheiten oder Abwesenheiten können die Mehrheitsarithmetik verschieben. SPD-Bauministerin Verena Hubertz, die sich mittlerweile eigentlich schon im Mutterschutz befindet, wird zur Abstimmung erscheinen. Die Regierung will beim Rentenpaket die Mehrheit ohne Stimmen aus der Opposition erreichen – die Linke hat jetzt angekündigt, sich zu enthalten.
Während die Linke ein Rentenniveau von 53 Prozent fordert, kritisieren die jungen Unionsabgeordneten das geplante Festhalten an 48 Prozent über 2031 hinaus. Das sei nicht vereinbart, verursache enorme Zusatzkosten und belaste kommende Generationen.
Nervosität spürbar
Mit ihrem Widerstand haben die jungen Renten-Rebellen bereits erreicht, dass die Rentenkommission früher als geplant ihre Arbeit beginnen wird und Mitte nächsten Jahres Ergebnisse liefern soll. Doch, ob ihnen das reicht? Bis zur Abstimmung im Bundestag bleibt noch Zeit – die Fraktionsspitzen geben sich vor den Kameras demonstrativ zuversichtlich. Doch die Gespräche hinter verschlossenen Türen und die Gesichtsausdrücke sprechen eine andere Sprache: Nervosität dominiert.
Im Video: Linkspartei will sich bei Rentenreform enthalten
Es könnte sein, dass das umstrittene Rentenpaket der Bundesregierung nur durchkommt, weil sich die Linke bei der Abstimmung enthalten möchte.
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