In den USA war zuletzt zu hören, Elon Musk werde sich von seinem Posten als Chef-Entbürokratisierer zurückziehen, wohl um sich wieder mehr seinen Unternehmen zu widmen. In seinem Firmenimperium könnte er tatsächlich bald dringend gebraucht werden. Wenn der Bericht der New York Times stimmt, dann muss sich der Milliardär auf eine heftige Auseinandersetzung mit der EU-Kommission einstellen. Dem Bericht zufolge bereitet Brüssel eine Milliardenstrafe gegen Musks Online-Plattform X vor.
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Vorwurf: X tut zu wenig gegen Hatespeech
Die EU wolle mit X ein Exempel statuieren und andere Unternehmen von Verstößen gegen den Digital Services Act (DSA) abhalten, schreibt das Blatt unter Berufung auf mehrere Insider. Der DSA ist ein Gesetz, das Online-Plattformen zu mehr Fairness verpflichten soll – etwa bei der Moderation von Inhalten oder im Werbegeschäft.
Die jetzt anvisierte Strafe gegen X hätte dabei nichts mit den Zöllen der USA gegen Europa zu tun. Die Ermittlungen laufen vielmehr schon seit 2023. Es geht um mehrere Vorwürfe. Einer: X würde zu wenig tun gegen illegale Hassrede, Desinformation und andere demokratiegefährdende Inhalte.
EU könnte Musks komplettes Imperium betrafen
Die konkrete Strafe gegen X steht angeblich noch nicht fest. Der Digital Services Act erlaubt grundsätzlich Geldbußen von bis zu sechs Prozent des weltweiten Umsatzes – bislang wird der Höchstsatz kaum ausgeschöpft. Wie viel Geld die Plattform X verdient, weiß außerhalb des Unternehmens kaum jemand genau. Der Umsatz dürfte sich aber zwischen zwei und vier Milliarden Dollar bewegen, wobei es zuletzt deutlich abwärts gegangen war (externer Link). Die EU könnte demnach maximal etwas mehr als 200 Millionen Euro als Strafe verhängen – eigentlich.
Im Gegensatz zu Google oder Meta ist X aber nicht börsennotiert, sondern komplett im Privatbesitz von Elon Musk. Die EU prüft daher, ob sie eine Klausel anwenden kann, die es erlauben würde, auch Umsätze anderer Firmen aus Musks Besitz mit heranzuziehen – also etwa die Einnahmen des Raumfahrtunternehmens SpaceX oder des Autobauers Tesla. Dadurch könnte die Geldbuße schnell auf weit über eine Milliarde Dollar steigen.
Ball liegt bei Musk – der bläst zum Gegenangriff
Die EU lässt dem US-Unternehmer noch immer eine Möglichkeit, den Konflikt zu beenden. Es sei weiterhin möglich, dass X und Europa eine Einigung erzielen, sofern das Unternehmen Änderungen vornehme, die den Bedenken der Regulierer entgegenkämen, heißt es. X denkt anscheinend gar nicht daran und geht auf Konfrontation. Das Unternehmen wirft Brüssel einen "beispiellosen Akt politischer Zensur und einen Angriff auf die Meinungsfreiheit" vor.
Man werde X alles in der eigenen Macht Stehende tun, um die Geschäft zu verteidigen und "die Redefreiheit in Europa zu schützen". Musk selbst hatte zuvor ebenfalls angekündigt, jede Strafe entschieden gerichtlich und in aller Öffentlichkeit zu bekämpfen.
Kampf um "Redefreiheit" - ein politischer Konflikt
Der DSA ist auch ein zentraler Streitpunkt in der transatlantischen Debatte über Meinungsfreiheit. Im Februar hatte der US-Vizepräsident J.D. Vance das EU-Gesetz mit digitaler Zensur verglichen. Er verknüpfte dabei sogar den US-Schutz für Deutschland mit Redefreiheit. Die Vizepräsidentin der EU-Kommission, Teresa Ribera, machte wenig später noch einmal klar, dass auch für US-Konzerne Europas Gesetze gelten. Sie betonte, man werde die Regeln des DSA selbstverständlich durchsetzen. Am Fall X könnte sich nun zeigen, wie ernst das gemeint war.
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