Unsicherheit prägt die Stimmung der knapp 40.000 Mitarbeiter am Standort Ingolstadt. "Wie geht es weiter?" ist einer der häufigsten Sätze der Audianer kurz vor der nichtöffentlichen Versammlung. Und so ist der Andrang bei der letzten Mitarbeiterversammlung des Jahres groß: Rund 6.500 der insgesamt knapp 40.000 Mitarbeiter sind dabei. Gesamtbetriebsratschef Jörg Schlagbauer macht klar: Ingolstadt und Neckarsulm first. Auch vor den USA.
Auslastung an den deutschen Standorten
Denn die Nachfrage schwächelt und schlägt sich auch auf die Werke in Ingolstadt und Neckarsulm nieder. Wiederholt kam es hier zu Produktionsstopps für E-Autos. Und im kommenden Jahr sinken die Produktionszahlen wohl noch weiter. Für Ingolstadt stehen dann laut Insiderinformationen nur noch rund 300.000 Autos auf dem Produktionsplan. Die Kapazität läge bei 450.000 jährlich.
Mögliches Werk in den USA
Mit Blick auf die Auslastung der deutschen Werke steht auch die Frage, was der Betriebsrat und Vorstandschef Gernot Döllner von einem eigenen Audi-Werk in den USA halten. Durch den Zollstreit mit den USA kam das Thema auf. Audi hat derzeit kein eigenes Werk in den Vereinigten Staaten. Diskutiert wird über ein Werk gleich neben der VW-Fabrik in Chattanooga – wohl mit einer jährlichen Produktionskapazität zwischen 150.000 und 200.000 Fahrzeugen.
Betriebsratschef Schlagbauer fordert jedoch: Ingolstadt und Neckarsulm zuerst. "Solange die deutschen Werke Ingolstadt und Neckarsulm nicht ausgelastet sind, muss der Vorstand mit uns auch keine Diskussion über ein Werk in den USA oder sonst wo auf der Welt führen." Sollte der Vorstand gewährleisten, dass die deutschen Standorte ausgelastet werden können, sei man gesprächsbereit.
Eine Entscheidung dazu ist noch nicht gefallen. Laut Audi kostete der Zollstreit zwischen der EU und den USA das Unternehmen im Frühjahr rund 600 Millionen Euro. Zu den US-Plänen äußert sich Döllner aktuell nicht; er war als Gastredner bei der Versammlung vor Ort.
Audi-Chef: "Ingolstadt zentraler Standort"
Döllner hebt die Leistung der Belegschaft in den vergangenen Krisenmonaten hervor und bekennt sich deutlich zu den beiden deutschen Standorten: "Wir investieren acht Milliarden Euro in unsere deutschen Standorte und sichern Beschäftigung bis 2033. Ingolstadt bleibt dabei ein zentraler Zukunftsstandort." Dort werden ab dem kommenden Jahr neben dem Audi A6 e-tron und Q6 e-tron auch ein neues elektrisches Einstiegsmodell sowie der Verbrenner Audi Q3 produziert. Döllner setzt auf einen Mix aus Verbrenner, E-Auto und Hybrid.
Betriebsratschef Schlagbauer fordert eine technologieoffene Strategie, klare Standortzusagen und Investitionen in Menschen statt Sparprogramme. Darauf will auch die Unternehmensleitung setzen: "Mit der Produktion von Verbrennern, PHEVs und E-Modellen stellen wir den Standort Ingolstadt robust und zukunftssicher auf," so Audi-Chef Gernot Döllner.
Denn viele wichtige Kennzahlen sinken (externer Link) – allen voran die Auslieferungen der Autos. Sie gingen in den ersten drei Quartalen um 4,8 Prozent zurück. Entsprechend niedrig ist auch die operative Rendite.
Zusammenhalt stärken
Beide Seite – sowohl dem Betriebsrat als auch dem Unternehmenschef – nutzen die letzte Betriebsversammlung des Jahres, um trotz der schwierigen Zeiten Optimismus zu verbreiten. "2025 haben wir nicht nur gezeigt, dass wir hart arbeiten und leidenschaftlich kämpfen können – sondern auch, dass wir uns neu erfinden können," so Audi-Chef Döllner. Ähnlich äußerte sich Betriebsratschef Schlagbauer: "Wir haben in den vergangenen Jahrzehnten bewiesen, dass Zusammenhalt und Mitbestimmung Audi stark machen. Transformation darf nicht heißen: Abbau. Sie muss heißen: Aufbruch."
Sozialverträglicher Stellenabbau
Ein weiterer wichtiger Punkt: Audi will schneller und flexibler werden. Und vor allem sollen Kosten gespart werden, vor allem durch den Abbau von Stellen. Darauf haben sich das Unternehmen und der Betriebsrat bereits geeinigt. Im März präsentierten die Verhandlungspartner unter dem Titel "Audi Zukunft" ihr Maßnahmenpaket. Unter anderem sollen sozialverträglich an beiden deutschen Standorten 7.500 Stellen bis 2029 abgebaut werden. Im Gegenzug wurde die Beschäftigungsgarantie von 2029 bis 2033 verlängert.
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