Nach dem Einsturz: die Reste der "Eiskapelle"
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"Eiskapelle" nach dem Einsturz: Forscher vermessen Überreste

"Eiskapelle" nach dem Einsturz: Forscher vermessen Überreste

Ein Forschungsteam hat knapp einen Monat nach Einsturz der "Eiskapelle" am Watzmann die Überreste der Höhle untersucht. Die Ergebnisse zeigen, wie schnell Eis im Gebirge innerhalb eines Jahres bedingt durch den Klimawandel verschwinden kann.

Von
Laura Goudkamp
Leon Wohlleben

Über dieses Thema berichtet: Abendschau am .

Der Tag beginnt früh am Königssee. Im Boot liegen Rucksäcke voller Messgeräte, GPS-Antennen und eine Drohne. Die Forschergruppe um Professor Jens Czaja von der Hochschule München und den Höhlenforscher Andreas Wolf ist aus ganz Deutschland und Österreich angereist. Ihr Ziel: Sie wollen die "Eiskapelle", ein Schneefeld mit riesigem Hohlraum, am Fuß der Watzmann-Ostwand vermessen – beziehungsweise das, was davon noch übrig ist, denn Anfang September ist die "Eiskapelle" eingestürzt.

Forscher: "Klimawandel hautnah spürbar"

Die "Eiskapelle" wurde seit Jahrzehnten immer wieder vermessen. Wolf vom Verband Deutscher Höhlen- und Karstforscher, der die Vermessung initiiert hat, ahnt Schlimmes, will sich aber selbst ein Bild machen. "Entscheidend ist, dass dieser Klimawandel, der einfach existiert, hier hautnah vor der Tür spürbar ist", sagt er.

Aufstieg zu den Resten der "Eiskapelle"

Nach der Überfahrt steigen die Wissenschaftler mit schwerem Gerät auf. Der Weg führt steil über Geröll und feuchten Fels. Am Fuß der Watzmann-Ostwand lag hier in den Berchtesgadener Alpen die tiefstgelegene dauerhafte Eishöhle der Alpen: ein imposanter Hohlraum, der durch Schmelz- und Lawinenmassen jedes Jahr neu geformt wurde. Die "Eiskapelle" war auch ein beliebtes Ziel für Wanderer und Fotografen, denn das tiefblaue Firneis, das Wabenmustern ähnelte, war ein beeindruckendes Naturschauspiel.

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Forscher hält die Reste der Eishöhle fest

Messungen seit 30 Jahren - enormer Rückgang in letzter Zeit

Für Forscher war es ein einzigartiges natürliches Labor, weil sich an der Höhle die Auswirkungen von Klima und Natur direkt beobachten und messen ließen. Daran arbeitet das Team um Wolf und Czaja bis heute. Der Professor für Geodätische Messtechnik vergleicht das, was vor ihm liegt, mit Aufnahmen aus dem vergangenen Jahr: "Erschreckend", konstatiert er. "Ich habe noch ein Vergleichsfoto vom letzten Jahr. Darauf sieht man den Eingang der Eishöhle, die Kapelle – und man erkennt: Die 'Eiskapelle' reichte bis hier vorne. Heute ist alles verschwunden." Seit 2019, als ein schneereicher und sehr kalter Winter die "Eiskapelle" wieder stabilisiert hatte, hat sich das Firneis jedes Jahr massiv zurückgezogen.

Seit über 30 Jahren vermisst Wolf gemeinsam mit einem Team die Veränderungen an der "Eiskapelle". Wolf leistet diese Arbeit ehrenamtlich – wie ein Großteil des Teams. Ihre Daten zeigen, wie stark sich der Klimawandel auch in den deutschen Alpen auswirkt.

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Aufnahme der Eiskapelle vor ihrem Einsturz 2024

Präzise Vermessung mit Drohne und GPS

Jetzt dokumentiert das Team, was übrig geblieben ist. Mit einem hochpräzisen Laserscanner, GPS-Geräten und einer Drohne vermessen sie das Gelände. Die Drohne fliegt mit einer Sondergenehmigung des Nationalparks Berchtesgaden – eine seltene Ausnahme, denn Drohnen erschrecken die Tierwelt und sind sonst verboten. Aus den Daten soll später ein dreidimensionales Modell entstehen, das zeigt, wie sich das Eis im Laufe der Jahre verändert hat.

"Wir können so genau nachvollziehen, wie sich Form und Ausdehnung der 'Eiskapelle' Jahr für Jahr verändern", erklärt Czaja. Die Messungen werden später von Studierenden der Hochschule München ausgewertet, dabei entstehen Master-Abschlussarbeiten.

Was früher ein Naturwunder war, ist heute ein Mahnmal. Die Messungen von Wolf und Czaja dokumentieren das Verschwinden eines Stücks bayerischer Naturgeschichte.

Im Video: Nach Einsturz der Eiskapelle - Forscher messen nach

Sie gilt auch als Gradmesser für den Klimawandel vor unserer Haustür: die Eiskapelle im Berchtesgadener Land.
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Sie gilt auch als Gradmesser für den Klimawandel vor unserer Haustür: die Eiskapelle im Berchtesgadener Land.

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