Wer die Webseite von Schweitenkirchen im oberbayerischen Landkreis Pfaffenhofen besucht, trifft dort auf "Schweiti". So nennt sich der digitale Mitarbeiter. "Schweiti" versteht Bayerisch, Hochdeutsch und über hundert andere Sprachen. Der digitale Mitarbeiter hilft den Bürgerinnen und Bürgern, sich online zu orientieren. Sekundenschnell liefert "Schweiti" wichtige Hinweise und sucht aus über 90 digitalen Angeboten den richtigen Link zum passenden Antrag.
In der Kategorie der kleineren Kommunen ist Schweitenkirchen führend in der Region Ingolstadt. Das zeigt die interaktive Überblickskarte des Bayerischen Digitalministeriums (Externer Link). Unter der kann jeder nachschauen, wie weit die Bezirke, Landkreise oder Gemeinden schon mit der Digitalisierung ihrer Verwaltung sind.
- Zum Artikel: Bayern will Testregion für digitale Behörden werden
"Digitales Amt": Bislang 440 Kommunen in Bayern
Eine Rangliste nur für Großstädte erstellt der Branchenverband Bitkom (Externer Link). Danach liegt München bereits im dritten Jahr bundesweit an der Spitze. Unter den ersten 30 Plätzen finden sich auch Nürnberg, Regensburg, Augsburg und Ingolstadt. Sie gehören – wie Schweitenkirchen – zu den 440 der insgesamt über 2.050 bayerischen Kommunen, die das Digitalministerium in München als "Digitales Amt" (Externer Link) ausgezeichnet hat. Kommunen mit diesem Prädikat bieten ihren Bürgern mehr als 50 Online-Verfahren.
Auch in smarten Gemeinden läuft das meiste noch analog
Doch auch diese smarten Vorreiterkommunen kämpfen noch mit der Digitalisierung. Das zeigt das Beispiel Schweitenkirchen. Denn das meiste läuft auch dort noch immer analog. Der Grund: Für fast alle digitalen Anträge brauchen die Bürger eine E-Signatur, um ihre Dokumente auch elektronisch zu unterschreiben. Die E-Signatur ist zum Beispiel nötig, wenn man ein Auto oder ein Gewerbe anmelden will. Ohne die E-Signatur geht es beispielsweise bei der Hundesteuer oder der Eingabe des Wasserzählerstands.
Scheitern an der elektronischen Unterschrift
Die Folge: Nur 6,5 Prozent der Anträge in Schweitenkirchen werden derzeit voll digital abgewickelt. Das bestätigt Johannes Vollnhals. Der Geschäftsführer der Cosmema GmbH arbeitet für Schweitenkirchen und 700 weitere Kommunen als digitaler Dienstleister. Nach seiner Einschätzung wären "die Menschen bereit, auch auf der Behörde ihre Anträge digital abzuschließen, aber – und das ist das Thema: Bei tatsächlich 95 Prozent der Anträge brauche ich eben eine E-Signatur, und da scheitert es".
In Bayern wäre das die "BayernID". Laut Digitalministerium haben schon weit über eine Million Menschen im Freistaat ein solches Nutzerkonto, doch in der Praxis werde diese E-Signatur bei Online-Anträgen kaum genutzt, berichtet KI-Experte Vollnhals. Für ihn ist das der Hauptgrund, warum im Fall Schweitenkirchen nur so wenige Anträge voll digital abgewickelt werden.
Information zwischen den Ämtern oft noch auf dem Postweg
Einen weiteren Grund nennt Schweitenkirchens Bürgermeister Josef Heigenhauser (CSU): Es fehlt an digitalen Schnittstellen zwischen den Ämtern. Selbst viele der digital gestellten Anträge müssen deshalb von der Gemeindeverwaltung analog zu Ende gebracht werden. Ein Beispiel: Beantragt ein Bürger digital eine Hausnummer, muss der Sachbearbeiter im Bauamt die Information händisch in eine Exceltabelle eingeben. Danach muss er die Angaben auf Papier ausdrucken, denn das Finanzamt und die Versicherungskammer werden auf dem Postweg informiert.
Zentrale IT-Dienstleister für bayerische Kommunen noch in Arbeit
Bürgermeister Heigenhauser fordert standardisierte Lösungen. "Am besten bundesweit oder zumindest landesweit" – für alle Kommunen, alle Landratsämter. So sieht das auch der bayerische Städtetag. Für ihn ist eine "stärkere Vereinheitlichung der vielfältigen kommunalen Systeme durch Standardisierung und Zentralisierung der richtige und notwendige Weg." Dieser zentrale IT-Dienstleister für die bayerischen Kommunen soll bis Ende des Jahres "auf den Weg gebracht" sein, lässt das Bayerische Finanzministerium verlautbaren.
Derweil arbeitet das Digitalministerium in Berlin an einer "Digital Wallet". Ab Ende 2026 soll es die bundesweit einheitliche, digitale Identität für jeden Bürger geben. In Schweitenkirchen hat Bürgermeister Heigenhauser noch keine allzu großen Erwartungen. "Also ich hoffe, ich werd' es schon noch erleben, aber ich denk', dass das noch dauert."
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