Die Zahl der Todesopfer durch Sturzfluten nach Starkregen ist in Spanien auf mehr als 150 gestiegen. Bis Donnerstagnachmittag wurden nach Angaben der Rettungsdienste 158 Leichen geborgen. Allein in der Region Valencia kamen mindestens 155 Menschen ums Leben. Die Einsatzkräfte suchten derweil nach Überlebenden, die Zahl der Vermissten war allerdings weiter unklar.
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Mindestens 62 Menschen starben allein in Paiporta, einer Stadt mit rund 25.000 Einwohnern südlich von Valencia, wie Bürgermeisterin Maribel Albalat sagte. Zwei Tote wurden in der Region Kastilien-La Mancha geborgen, in Andalusien gab es mindestens ein Flutopfer.
Mehrere Menschen werden noch vermisst
Seit Dienstag anhaltende Regenfälle verursachten Überschwemmungen in der Gegend von Málaga bis Valencia. Unzählige Straßen verwandelten sich blitzschnell in reißende Ströme. Straßen, Häuser und kleinere Brücken brachen weg. Bäume, Container, Autos, Lastwagen und Menschen wurden vom Wasser mitgerissen. Vielerorts konnten Rettungskräfte nicht mit Fahrzeugen zu Einsatzorten vordringen.
Auch die südliche Region Andalusien ist von den Regenfällen betroffen. Aus der andalusischen Küstenortschaft El Ejido unweit von Almería berichteten Einwohner von Hagelkörnern "so groß wie Golfbälle".
Einsatzkräfte suchen nach Vermissten, teils mit Drohnen wie im Ort Letur in der östlichen Provinz Albacete. Der Minister für regionale Angelegenheiten, Ángel Víctor Torres, sagte am Mittwochabend vor Journalisten, die Behörden könnten noch immer keine abschließende Zahl aller Vermissten nennen. Dies deute darauf hin, dass die Zahl der Todesopfer wahrscheinlich weiter steigen werde.
Regierung entsendet Militär in Region Valencia
Die extreme Wetterlage beeinträchtigt auch Verkehr und Infrastruktur massiv. Rund 115.000 Haushalte waren ohne Strom, zudem gab es weiter Probleme mit den Handyverbindungen.
Die spanische Regierung setzte einen Krisenstab ein, Madrid entsandte eine auf Rettungseinsätze spezialisierte Militäreinheit in die Region. Über den Onlinedienst X appellierte Regierungschef Pedro Sánchez an die Bevölkerung, den Anweisungen der Behörden Folge zu leisten, vorsichtig zu sein und unnötige Reisen zu vermeiden. Spanien rief derweil eine dreitägige Staatstrauer aus, diese beginnt am Donnerstag.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bot Spanien an, den Katastrophenschutz zu aktivieren und zu helfen. "Wir haben unser Copernicus-Satellitensystem aktiviert, um bei der Koordinierung der Rettungsteams zu helfen", sagte von der Leyen in Brüssel. Bundeskanzler Olaf Scholz (externer Link) zeigte sich "erschüttert". "Wir stehen im Austausch mit der spanischen Regierung, was mögliche Hilfeleistungen angeht", schrieb Scholz auf X.
Mehr Regen an einem Tag als im Monat
In einigen Gegenden fiel am Dienstag nach spanischen Medienberichten an einem einzigen Tag mehr Regen als sonst in einem Monat. Es handele sich um eine "noch nie dagewesene Situation", sagte Regionalregierungschef Carlos Mazón. Der Wetterdienst Aemet in Valencia erklärte auf X, es habe sich um den schlimmsten "kalten Tropfen" (gota fría) dieses Jahrhunderts in der Region Valencia gehandelt.
Diese Wettererscheinung tritt in der spanischen Mittelmeerregion in den Monaten September und Oktober häufig auf. Sie entsteht, wenn sich die ersten atlantischen Tiefausläufer mit feuchtkalter Luft über das warme Mittelmeer schieben. Da das Mittelmeer immer wärmer wird, wurden die Regenfälle in den vergangenen Jahren aber heftiger. Experten weisen auf den Klimawandel als Ursache der enormen Regenfälle in Spanien hin.
Waren die Warnungen nicht drastisch genug?
In den Katastrophengebieten hofft man, dass die Niederschläge am Donnerstag abklingen. Indes hat in Spanien eine Debatte darüber begonnen, ob die Behörden die Bürger früher oder besser hätten warnen müssen, denn viele Bürger wurden auf dem Heimweg von der Arbeit eingeschlossen. Entsprechende Kritik gab es etwa von mehreren Rathaus-Chefs. Schließlich wisse man, dass der "kalte Tropfen" gefährlich sei und immer schlimmer ausfalle.
Die Regionalregierungen und auch Experten weisen das zurück. Man könne solche "brutalen Folgen" nicht vorhersagen, weil diese von verschiedenen Faktoren abhängig seien, sagte etwa der angesehene Meteorologe Francisco Martín León. Der Wetterdienst Aemet habe mit Unwetterwarnungen der Stufen drei (Gelb), zwei (Orange) und eins (Rot) ausreichend und rechtzeitig informiert.
Mit Informationen von dpa und AFP
Im Audio: Überflutungen kosten vielen Menschen das Leben
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