Aktuell haben deutschsprachige Islamisten im Messengerdienst Telegram viel zu feiern, wenn sie es mit den sogenannten Rebellen halten, die gerade in Syrien auf dem Vormarsch sind. Der Sieg, so heißt es etwa, komme nicht von den Kämpfern selbst, sondern von Allah.
Auch ein ranghoher Führer der Terrororganisation al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel habe der kämpfenden Miliz Hajat Tahrir al-Scham (HTS) gratuliert, wird auf Telegram verbreitet. Das ist auch deshalb interessant, weil sich die HTS ganz offiziell schon vor Jahren von al-Quaida gelöst hat. Die Propagandaschlacht in den sozialen Netzwerken läuft. Auch Videos der HTS-Kämpfer werden gezeigt – vergleichbar mit den Videos der Terrororganisation IS, als diese vor mehreren Jahren ihren "Islamischen Staat" errichtete.
Syriens Verteidigungsminister dementiert Rückzug
Derweil rücken die Aufständischen nach eigener Darstellung und den Angaben von Aktivisten schnell auf die syrische Hauptstadt Damaskus vor. Die Regierungstruppen von Machthaber Baschar al-Assad hätten sich aus den rund zehn Kilometer südwestlich von Damaskus gelegenen Städten zurückgezogen, "die von lokalen Kämpfern eingenommen wurden", sagte der Leiter der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte (OSDH), Rami Abdel Rahman. Das syrische Verteidigungsministerium dementierte den Rückzug seiner Truppen.
Kurz darauf erklärten regierungsfeindliche Kämpfer, sie hätten damit begonnen, Damaskus einzukreisen. Die Aufständischen hätten "mit der letzten Phase der Einkreisung der Hauptstadt Damaskus begonnen", erklärte Hassan Abdel Ghani, ein Militärchef der islamistischen Allianz, welche die Offensive im Nordwesten des Landes gestartet hatte.
Islamisten-Anführer: "Damaskus wartet auf Euch"
Der Anführer der islamistischen HTS stellte seinen Kämpfern derweil die Einnahme der Hauptstadt in Aussicht. "Damaskus wartet auf Euch", erklärte HTS-Anführer Ahmed al-Scharaa in einer am Samstag über den Messengerdienst Telegram verbreiteten Nachricht. Ahmed al-Scharaa ist auch unter seinem Kampfnamen Abu Mohammed al-Dscholani bekannt. Der Islamisten-Führer und seine Truppen werden sich wohl auf Widerstand einstellen müssen.
Hisbollah schickt Kämpfer, um Assad zu unterstützen
Die mit der syrischen Regierung verbündete pro-iranische Hisbollah hat nach eigenen Angaben zu deren Unterstützung 2.000 Kämpfer in eine ihrer Hochburgen im Süden Syriens entsandt. Wie die Nachrichtenagentur AFP am Samstag aus Hisbollah-nahen Kreisen erfuhr, schickte die Miliz 2.000 ihrer Kämpfer in die Gegend von Kusair, um die Stadt "zu verteidigen", sollten die Gegner von Machthaber Baschar al-Assad angreifen. Demnach war die vom Iran ausgerüstete Miliz "noch nicht an Kämpfen" gegen regierungsfeindliche Kämpfer beteiligt.
Die Bergregion Kusair und die strategisch wichtige gleichnamige Stadt im Süden Syriens liegen nahe der Grenze zum Libanon. Sie gilt als Hochburg der Hisbollah-Miliz. Die Miliz unterhält dort unter anderem einen Militärstützpunkt und ein Trainingslager.
Erdoğan eher bei den sogenannten Rebellen
Irans Außenminister Araghtschi nahm unterdessen wie angekündigt in Katar an einem Treffen zur Lage in Syrien mit seinen Amtskollegen aus Russland und der Türkei teil. Der Iran und Russland sind wichtige Verbündete Assads. Die Türkei teilt eine lange Landgrenze mit Syrien und hat fast drei Millionen syrische Flüchtlinge aufgenommen. Araghtschi sprach von einem "sehr offenen Gespräch" mit seinem türkischen Kollegen. Der russische Chefdiplomat Sergej Lawrow sagte, es wäre "inakzeptabel", wenn eine "terroristische Gruppe" Syrien kontrollieren sollte.
Ankara unterstützt seit Jahren Rebellen im Norden Syriens – auch die Islamisten. Präsident Recep Tayyip Erdoğan hatte sich zuletzt um eine Annäherung an Damaskus bemüht. Gleichzeitig äußerte er aber seine Hoffnung, dass der Marsch der sogenannten Rebellen ohne Probleme weitergehe. Denn, so Erdoğan, er habe Assad angerufen, aber keine Antwort erhalten.
Ausländer verlassen Syrien
Angesichts der Lage in Syrien rief nach den USA und Russland nun auch die Regierung des Nachbarstaats Jordanien seine Staatsbürger auf, das Land "schnellstmöglich" zu verlassen. Zuvor hatte Jordanien bereits den einzigen aktiven Grenzübergang zu Syrien geschlossen. Einem Bericht der "New York Times" zufolge begann sogar der mit Assad verbündete Iran, sein diplomatisches Personal aus dem Land auszufliegen.
Die irakische staatliche Nachrichtenagentur INA berichtet unter Berufung auf eine nicht näher genannte Sicherheitsquelle derweil, das Land habe mehr als 1.000 flüchtige Soldaten der syrischen Armee aufgenommen. In Berichten des katarischen Nachrichtensenders Al-Dschasira ist bereits von 2.000 syrischen Soldaten im Irak die Rede.
Mit Informationen von AFP und DPA
Im Audio: Kampf um Damaskus steht offenbar bevor
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